Linke darf weiter zusammenbleiben

Aufatmen bei der Linkspartei: Gutachten der Bundestagsverwaltung belegt, dass eine Konkurrenzkandidatur von WASG und Linkspartei nicht die gemeinsame Fraktion im Bundestag gefährdet. Geschäftsordnung sollte nicht zu eng gesehen werden

Das Recht auf Fraktionsbildung darf nicht stark eingeschränkt werden

AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH

Die Bundestagsfraktion der Linkspartei ist nicht gefährdet, wenn WASG und Linke/PDS bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen gegeneinander antreten. Dies belegt ein Vermerk der Bundestagsverwaltung vom 7. Februar, der der taz vorliegt. Mit Verweis auf die Geschäftsordnung des Bundestags war zuvor in den Medien, aber auch in Linkspartei und WASG, über ein Ende der gemeinsamen linken Bundestagsfraktion spekuliert worden.

„Die Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf von hundert der Mitglieder des Bundestags, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen“, heißt es in Paragraf 10 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundestags.

Ausnahmsweise ist allerdings auch der Zusammenschluss von Abgeordneten konkurrierender Parteien möglich. Dann ist laut Geschäftsordnung allerdings für die Anerkennung als Fraktion die „Zustimmung des Bundestags“ erforderlich.

Auf dem Papier wirkt die Situation für die Linksfraktion also dramatisch. Kommt es in Berlin zu einer Konkurrenzsituation, müssten die Abgeordneten auf das Wohlwollen der Mehrheit des Bundestags hoffen, um weiterhin eine gemeinsame Fraktion bilden zu können. Und dieses Wohlwollen haben die Linken bisher nicht sicher, wie die gescheiterte Wahl von Linkspartei-Chef Lothar Bisky zum Bundestagsvizepräsidenten zeigte.

Doch wirklich dramatisch ist es nicht. Nach einem parlamentsrechtlichen Gutachten der Bundestagsverwaltung sollte die Geschäftsordnungsvorschrift nicht allzu streng ausgelegt werden. Das Recht der Abgeordneten, Fraktionen zu bilden, dürfe nicht übermäßig beschränkt werden.

Die Geschäftsordnung wolle vor allem vermeiden, dass sich politisch ganz unterschiedliche Abgeordnete nur deshalb zu einer „Zweckehe“ zusammenschließen, um die mit dem Fraktionsstatus verbundenen Vorteile – Geld, Posten und Redezeit – zu erhalten.

Ob zwischen Parteien ein Konkurrenzverhältnis vorliegt, ist demnach vor allem nach den Verhältnissen „anlässlich einer Bundestagswahl“ zu beurteilen. Spätere Vorgänge bei einzelnen Landtagswahlen seien nur relevant, wenn sie auch die Homogenität einer gemeinsam gebildeten Fraktion erschüttern, so die Experten der Bundestagsverwaltung.

Damit kann die Linksfraktion wohl Entwarnung melden. Bei der Bundestagswahl verzichtete die WASG bundesweit zugunsten der Linkspartei.PDS auf eigene Listen. Nur einzelne WASGler kandidierten auf den Listen der Linkspartei, was zwar wahlrechtlich umstritten war, von den Landeswahlausschüssen aber akzeptiert wurde. In der derzeit 53-köpfigen Linksfraktion sitzen nun 12 Abgeordnete mit WASG-Parteibuch. „Davon unterstützt keiner die Kandidaturpläne des Berliner WASG-Landesverbands“, betont Hendrik Thalheim, Pressesprecher der Linken. Die Fraktion sei also nach wie vor geschlossen.

Die Position der Linken ist aber auch deshalb bequem, weil sie dank des guten Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl auch ohne die 12 WASG-Abgeordneten Fraktionsstärke hätte. Zudem hat inzwischen die Hälfte der 12 WASGler, darunter Oskar Lafontaine und Uli Maurer, auch ein zweites Parteibuch der Linkspartei in der Tasche, könnte also auf jeden Fall in der Fraktion bleiben.

Die zuständigen Bundestagsgremien – Ältestenrat und Geschäftsordnungsausschuss – werden sich erst mit dem Problem befassen, wenn der Berliner Landeswahlleiter im Juli feststellt, welche Parteien definitiv zur Wahl antreten. Bis dahin kann auch der WASG-Bundesverband noch auf seinen Berliner Landesverband einwirken. Satzungsmäßig reichen die Möglichkeiten bis zur Auflösung des Landesverbands.