Biozide doch ungiftig

Arbeitsministerium widerspricht Verbraucherschutz- ministerium: Gift-Untersuchung zu oberflächlich

DÜSSELDORF taz ■ Das NRW-Arbeitsministerium hat die Warnung des Verbraucherschutzministeriums vor angeblich sehr giftigen Biozid-Produkten (Anti-Schimmel-Sprays, Desinfektionsmittel) relativiert. Ministerialrat Robert Holter-Hauke sagte der taz: „Der erste Eindruck großer Besorgnis lässt sich so nicht aufrecht erhalten.“

Am 9. Februar hatte NRW-Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg als Ergebnis einer „Schwerpunktuntersuchung“ gemeldet, dass ein großer Teil der im Handel erhältlichen Biozid-Produkte falsch gekennzeichnet sei. Besonders schlecht schnitten angeblich zwei Mittel ab, die nur als „gesundheitsschädlich“ gekennzeichnet waren, aber eigentlich als „sehr giftig“ hätten eingestuft werden müssen. Die Namen der Mittel wollte das Land nicht nennen (taz berichtete). Und dabei ist „sehr giftig“ die höchste Gefahrenstufe, bei der schon das Verschlucken oder Einatmen geringer Mengen tödlich sein kann. Solche Produkte müssen das Totenkopf-Symbol tragen und dürfen nicht frei verkauft werden.

Wie sich jetzt heraustellt, war die Warnung des Ministeriums wohl verfrüht. Denn die „Untersuchung“ der Mittel bestand lediglich daraus, anhand der Zutatenliste zu berechnen, wie giftig die Mischung theoretisch sein müsste. Tatsächlich war jedoch auch das fertige Mittel bereits bei der Zulassung getestet worden – und war danach nicht „sehr giftig“, sondern nur „gesundheitsschädlich“. Solche Produkte dürfen, wenn sie mit entsprechenden Warnungen versehen sind, frei verkauft werden. Von dem Test des fertigen Produktes wusste jedoch das Verbraucherschutzministerium nichts. Heraus kam dies erst, als die Arbeitsschutzbehörden beim Hersteller nachfragten – da war die Warnung bereits veröffentlicht. SEBASTIAN HEISER