Katze, Huhn und Mensch
: KOMMENTAR VON HANNA GERSMANN
Die Vogelgrippe schleicht sich an. Zum ersten Mal wurde der gefürchtete Erreger H5N1 bei einer Katze nachgewiesen. Der Befund von der Ostseeküste überrascht viele, ändert aber wenig.
Denn mit einer solchen Infektion war zu rechnen. Warum sollte eine Katze nicht mal einen kranken Vogel fangen oder sich im Dreck wälzen, in dem der Virus steckt? Eine Katzenepidemie droht darum noch lange nicht. Die Vogelgrippe ist in der Natur weder von Katze zu Katze noch von Katze zu Mensch übertragen worden. Für den Menschen bleibt also alles beim Alten: Die Vogelgrippe ist eine Tierseuche – man kann es nicht oft genug sagen.
Und wir werden mit ihr leben müssen. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Republik das Virus wohl über Jahre nicht wieder loswerden wird, denn es breitet sich über Haus- und Wildtiere aus. Das Verhältnis zwischen Katzen und Menschen wird darunter nicht leiden, wenn auch die eine oder andere Katze womöglich ein paar weniger Streicheleinheiten erhält. Das ist aber auch schon der ganze Schaden.
Spürbar hingegen wird sich unser Verhältnis zu Hühnern ändern. Vom agroindustriell hergestellten Geflügel, für Krankheiten anfällig und genetisch verarmt, werden wir uns über kurz oder lang lösen müssen. Es ist nur noch ein Frage der Zeit, bis die Vogelgrippe trotz aller Schutzmaßnahmen in einem Hühnerstall auftaucht.
Bisher hat das Vieh-Business noch jede Seuche überstanden. Als der Rinderwahnsinn Deutschland erreichte, verging den Konsumenten nur kurzzeitig der Appetit; heute lassen sich die meisten das Steak wieder gut schmecken. Auch Schweinepest und andere Tierkrankheiten haben das Leben in den Ställen kaum verändert. Doch H5N1 ist anders – es ist enorm aggressiv, tritt global auf und wird wenig Ersatzimporte aus Nachbarländern erlauben.
Deswegen wird die Geflügelwirtschaft in ein paar Monaten oder Jahren anders aussehen als noch heute. Die auf Hochleistung getrimmten Eierproduzenten und Broilerbraten sind nicht zu retten. Ob Biohühner widerstandsfähiger sind, werden wir bald wissen. Angst vor Katzen jedenfalls – brauchen nur die Vögel zu haben.
