Kriegsfront Medien

EIN BILD UND SEINE GESCHICHTE Wie ein Foto von kongolesischen Soldaten einen Skandal auslöste

Es war ein einziger Klick. Das Foto zeigt kongolesische Soldaten, die nach einem Vorstoß gegen die M23-Rebellen (Bewegung des 23. März) Leichen schänden. Mit einem Artilleriegehäuse haben sie es auf das Geschlechtsteil des Gefallenen abgesehen. Wer das ist, bleibt unklar. Kongolesen betrachten unbeschnittene Männer als Ruander, ihr Geschlechtsteil als Kriegstrophäe.

Auf dem nächsten Foto hockt Frontkommandeur Oberst Mamadou Ndala neben genau so einem Gehäuse. Breit grinsend. Neben ihm eine Sektflasche.

Die Bilder, die Journalisten am Dienstag an der Front bei Goma schossen und im Internet veröffentlichten, schlugen sofort Wellen. Misshandlung von Leichen verstößt gegen die Genfer Konvention.

Deswegen musste auch die UNO reagieren. Immerhin unterstützt sie Kongos Armee. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon persönlich forderte am Mittwochabend Kongos Armeeführung auf, die mutmaßlichen Schändungen zu untersuchen. Die UNO werde ihre Unterstützung der Armee „überdenken“.

Prompt kochte in Goma die Gerüchteküche über: Oberst Mamadou sei verhaftet. Demonstranten blockierten am Donnerstag Straßen. Als Mamadous allseits bekanntes Militärfahrzeug durch die Innenstadt brauste, allerdings ohne ihn, kam es zum Eklat. Gerüchte kursierten, er sei abgezogen und müsse vor ein Militärgericht. In Wirklichkeit befand er sich im Einsatz an der Front. Die UNO musste ihn auffordern, sich via Radio zu melden.

Oberst Mamadou gilt in Goma als Superheld. Er soll die Armee wieder aufrichten nach ihrer Niederlage letztes Jahr, als die M23 kurz Goma einnahm, während fliehende Soldaten betrunken, vergewaltigend und plündernd die 40 Kilometer entfernte Kleinstadt Minova überfielen. Die Einheiten des 29-jährigen Mamadou gelten als gut trainiert, gut bezahlt und diszipliniert – zumindest im Vergleich zum Rest. Und jetzt verstoßen ausgerechnet seine Truppen vor den Kameras gegen die Genfer Konvention.

Doch auch wir Journalisten müssen uns Gedanken machen. Fühlten sich die Soldaten von den Kameras angestachelt, Trophäen vorzuzeigen?

In Goma gehen die Leute weiter auf die Straße. UN-Fahrzeuge und Journalisten wurden mit Steinen beworfen, die UNO musste Journalisten evakuieren. SIMONE SCHLINDWEIN, GOMA