Mit Sicherheit Zahlenspiele

Innenbehörde präsentiert Kriminalstatistik: Weniger Straftaten, bessere Aufklärung und Rückgang bei Eigentumsdelikten. Gewalttaten gegen Leib und Leben nehmen zu. Wachsende Probleme mit Jugendkriminalität und der „Tatwaffe Internet“

von MARCO CARINI

Es gibt viele Möglichkeiten, das Zahlenwerk der gestern vorgelegten Kriminalitätsstatistik 2005 zusammenzufassen. Das offizielle, von Innenbehörde und Polizei vertretene Fazit lautet: Die Zahl der in Hamburg registrierten Straftaten ist 2005 gegenüber dem Vorjahr um 6,3 Prozent oder 16.461 Fälle zurückgegangen. Mit knapp 245.000 Kriminaldelikten hat die Hansestadt die niedrigste Fallzahl seit 21 Jahren vorzuweisen.

Zugleich stieg demnach die Aufklärungsquote in den vergangenen zwölf Monaten von 44,6 auf 46,2 Prozent. „Hamburg ist für unsere Bürger noch sicherer geworden“, klopft sich so Innensenator Udo Nagel (parteilos) auf die eigene Schulter: „Der positive Trend der rückläufigen Zahlen hat sich auch im vergangenen Jahr fortgesetzt.“

Eine andere, genauso richtige Lesart derselben Zahlen lautet: Eigentumsdelikte, vom einfachen Diebstahl bis hin zum schweren Raub, sind im vergangenen Jahr auf breiter Front weniger geworden. Gleichzeitig hat die Zahl aller gegen Leib und Leben gerichteten Straftaten, von der Körperverletzung bis hin zu Mord und Todschlag, aber zugenommen. Im Klartext: Hamburgs Bürger müssen weniger um ihre Handtaschen, Fahrräder und PKWs fürchten, dafür aber mehr um ihre Gesundheit.

Der Blick in die Statistik zeigt, aus welchen Kriminalitätsfeldern sich der Rückgang der Straftaten um 16.000 registrierte Delikte zusammensetzt: Allein die Zahl der Diebstähle – fast die Hälfte aller Straftaten – sank um rund 12.000.

Besonders stark ließen dabei Diebstähle aus abgestellten Kraftfahrzeugen nach: Hier ging die Zahl der registrierten Fälle um satte 10 Prozent von gut 31.000 auf 28.000 zurück. Diese Entwicklung ist allerdings laut Nagel zum Großteil auf den „verbesserten Diebstahlschutz der Autohersteller“ zurückzuführen. Abgenommen hat auch die Zahl der Wohnungseinbrüche (-500), Autodiebstähle (-1.000), Vermögensdelikte (-2.000), Sachbeschädigungen (-1.400), Rauschgiftdelikte (-300) und Raubstraftaten (-600).

In die Höhe geschnellt ist hingegen vor allem die Zahl der Körperverletzungen: um 1.000 registrierte Delikte. Besonders beunruhigend: In diesem Kriminalitätsfeld stieg vor allem die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren rapide an. Nagel führt dies vor allem auf die verstärkte polizeiliche Präventionsarbeit an den Hamburger Schulen zurück, durch die den Beamten Fälle bekannt wurden, die sonst wohl nie zur Anzeige gelangt wären. Die Früchte dieser Polizeiarbeit werde die Stadt aber vermutlich „erst in einigen Jahren ernten“.

Zunehmend zu schaffen macht den Ermittlern die Internetkriminalität, die kontinuierlich ansteigt. Im Netz tummeln sich demnach immer mehr Betrüger, aber auch Anbieter und Konsumenten kinderpornographischer Abbildungen, denen mit konventionellen Methoden schwer Einhalt zu gebieten sei.

Positiv bilanzierten Senator Nagel und Polizeipräsident Werner Jantosch das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG), das Mitte 2005 in Kraft trat. Allein 2.800 der dadurch erlaubten „lageabhängigen Kontrollen“ habe die Polizei in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres durchgeführt. Das habe zur Reduzierung von Straftaten und zur besseren Aufklärungsquote beigetragen.

Noch Ende des Monats soll nun auch die nach dem SOG mögliche Videoüberwachung der Reeperbahn beginnen. Da in St. Pauli allein 800 der hamburgweit registrierten 5.000 Fälle schwerer Körperverletzung stattfanden, erhofft sich die Polizeiführung hierdurch ebenfalls weniger Straftaten und mehr Aufklärung.