„Jihad Jane“ im Visier der Medien

USA Zwei Frauen sollen sich im Internet Islamisten angeschlossen haben. Bei der Berichterstattung bleibt die Unschuldsvermutung auf der Strecke. Das FBI sucht verstärkt nach hausgemachten Terroristen

WASHINGTON taz | Zwei Frauen aus US-amerikanischen Vorstädten machen Schlagzeilen als mutmaßliche UnterstützerInnen internationaler Terrornetzwerke und lenken das Augenmerk der Fahnder in neue Richtungen.

Die eine nannte sich „Jihad Jane“, suchte im Internet nach UnterstützerInnen für den bewaffneten Kampf und war angeblich in einen Mordplan gegen einen in Schweden lebenden Karikaturisten verwickelt. Die andere chattete auf dschihadistischen Webseiten, verhüllte letztes Jahr ihr blondes Haar und verschwand im Herbst mit Sohn in Richtung Irland. Die 46-jährige „Jihad Jane“ befindet sich schon seit Oktober in US-Haft. Erst vergangene Woche haben die FBI-Ermittler die Öffentlichkeit informiert. Gleichzeitig wurde in Irland eine siebenköpfige Gruppe festgenommen – darunter die 31-jährige Mutter. Sie blieb drei Tage in Polizeihaft und wurde ohne Auflagen entlassen.

Ob die beiden Frauen sich in der realen oder der virtuellen Welt je begegnet sind, ist unklar. Fest steht, dass sie jetzt nebeneinander auf den Titelseiten der US-Medien zu sehen sind. Colleen LaRose alias „Jihad Jane“ aus der Ostküstenstadt Philadelphia und Jamie Paulin-Ramírez aus der Nähe von Denver in Colorado. Mit Fotos und vollem Namen und mit Interviews von Freunden und Verwandten. Die Unschuldsvermutung bleibt dabei weitgehend auf der Strecke.

So entsteht ein Bild von zwei Durchschnittsfrauen aus der Mitte der Gesellschaft. Beide sind geschieden. Die ältere ist Hausfrau, die jüngere hat einen Job als Arzthelferin und einen 6-jährigen Sohn. Sie verbringen viel Zeit am Computer und sollen sich den Dschihadisten über „soziale Netzwerke“ angenähert haben, sagen die Ermittler.

Die Sunday Times will herausgefunden haben, dass sich beide Frauen langweilten. Die Zeitung zitiert eine Internetbotschaft, in der die spätere „Jihad Jane“ geklagt habe: „Ich langweile mich sosehr, dass ich schreien möchte.“ Die jüngere Frau aus Colorado, so findet das Wall Street Journal bei ihrer Mutter heraus, habe sich „nie selbst akzeptiert“ und habe „immer nach etwas gesucht“. Anstatt „einen Liebhaber zu nehmen oder Prozac“, so analysiert die Sunday Times, hätten „beide Frauen entschieden, dass die Antwort bei dem radikal islamistischen Dschihad liegt“.

Diskret gingen sie dabei nicht vor. „Jihad Jane“ hat den Ermittlern zufolge in Chatrooms ihre Sympathien zu Dschihadisten ins Netz hinausposaunt. Sie soll auch ihre Bereitschaft erklärt haben, einen „Mann aus Südostasien“ zu heiraten, um ihm Zugang zu den USA zu verschaffen. Über die jüngere Frau sagt ihr Stiefvater, dass sie im Internet Kontakt zu einem Mann gefunden habe, der zu einem „Pilotenkurs“ in die USA habe einreisen wollen.

„Jihad Jane“ soll bei ihrer islamistischen Radikalisierung ihr nordisches Aussehen und ihren US-Pass zur Tarnung benutzt und versucht haben, weitere Frauen anzuwerben. Im vergangenen Jahr soll sie nach Europa – auch nach Irland – gereist sein. Ziel der Reise sei es gewesen, den in Schweden unter Polizeischutz lebenden Karikaturisten Lars Vilks zu ermorden. Seit er den Propheten Mohammed mit einem Hundekörper gezeichnet hat, muss er wegen Todesdrohungen von der Polizei beschützt werden.

Der Mord an Vilks fand nicht statt. Bei ihrer Rückkehr in die USA spazierte „Jihad Jane“ im Oktober direkt in die Arme ihrer Ermittler. Möglicherweise haben ihre Aussaugen zu den sieben Festnahmen in Irland geführt. Die Festgenommenen sind zwischen 20 und 40 und stammen aus Algerien, Kroatien, Palästina, Libyen und den USA. Vier von ihnen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Seit einem Jahr befasst sich das FBI intensiver mit hausgemachten Terroristen aus den USA, nachdem mehrere konvertierte Muslime wegen der Planung oder Durchführung von Attentaten festgenommen wurden. Hinzu kommen US-Bürger, die im Ausland in terroristischer Mission unterwegs sind.

Im Vergleich nehmen sich die Geschichte von „Jihad Jane“ und der Frau aus Denver relativ harmlos aus. „Jihad Jane“ hat in Philadelphia in dieser Woche ihren ersten Gerichtstermin. Sie riskiert eine hohe Gefängnisstrafe. DOROTHEA HAHN