Erzieherinnen gehen im Streik voran

Nach Polizeiangaben waren es nur rund 1.200 Gewerkschafter, die gestern vom Bahnhof zum Marktplatz demonstrierten: ver.di, IG Bau und IG Metall blasen zum Arbeitskampf. Die Kita-Erzieherinnen sollen heute vorangehen

Bremen taz ■ „Say you want a Revolution“ von den Beatles klang gestern zum Abschluss der Kundgebung des DGB aus den Lautsprechern vor dem Rathaus. Doch dem Aufkommen revolutionärer Stimmung stand das Bremer Schmuddelwetter im Wege: Nur noch ein kleiner harter Kern der nach Polizeiangaben 1.200 Demonstranten trotzte dem Schnee-Regen und hielt bis zum Ende der Kundgebung durch.

Unter dem allgemein gehaltenen Motto „Jetzt reicht’s!“ zogen GewerkschaftlerInnen unterstützt von „üblichen Verdächtigen“ wie etwa der WASG und Attac gestern nachmittag vom Bahnhof in Richtung Innenstadt. Auf den Transparenten bildete sich das breite Spektrum der Demonstranten ab: Von konkreten Lohnforderungen über generelle Kapitalismuskritik bis hin zu Brecht-Zitaten war alles vertreten, was sich im weitesten Sinne mit gewerkschaftlichen Forderungen verbinden lässt. Selbt Transparente zu dem Montagsdemos fanden noch einmal Verwendung.

In den Reden auf dem Marktplatz ging es um „Heuschrecken“, „Aktionärsinteressen“ und „soziale Verantwortung“. Gewerkschaftsvertreter von Gebäudereinigungsfirmen, der Telekom und DaimerChrysler sprachen immer wieder von der ihren Alltag beherrschenden Angst um die Arbeitsplätze und die immer schlechteren Arbeitsbedingungen in ihren Firmen. Das zweite große Thema in den Reden war die Wut der Arbeiter über die Ausrichtung der Unternehmenspolitik am Shareholder-Value und an den Gewinnen.

Kita-Streik heute

Heute wird gestreikt – aber nicht bei IG Bau oder IG Metall, sondern im Erziehungsbereich. Die MitarbeiterInnen der staatlichen Kitas legen ihre Arbeit nieder, um die geplante Einführung der 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich zu verhindern. 91,7 Prozent der in den öffentlichen Kitas angestellten Personals stimmten für den Streik.

Bis auf einen Notdienst für alleinerziehende und gleichzeitig berufstätige Eltern findet in den öffentlichen Kitas keine Kinderbetreuung statt – ab heute auf zunächst unbestimmte Zeit. Kitas aus freier Trägerschaft sind von dem Streik nicht betroffen. Allerdings hat ver.di auch Angestellte aus freier Trägerschaft zu Solidaritätsbekundungen aufgerufen.

Wie lange der Streik in den Kitas andauern wird, sei noch nicht abzusehen, erklärte der ver.di-Vertreter. „Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort stehen mit den betreffenden Eltern in Kontakt und informieren sie über die Entwicklung des Streiks rechtzeitig“, so Onno Dannenberg, Tarifkoordinator von ver.di Niedersachsen/Bremen. Es läge nicht im Interesse der Streikenden, gegen die Eltern zu agieren. Dennoch sollte der Streik natürlich Druck auf den Arbeitgeber erzeugen und Erfolge bringen. „Es gehört zu unserer Streiktaktik, nicht allzu früh unsere Vorhaben bekannt zu geben“.

Allerdings ist der öffentliche Dienst in Bremen recht spät dran: Die bundesweiten Streiks laufen schon seit mehreren Wochen. Jedoch, so Onno Dannenberg, sei der Druck durch die bundesweiten Streiks sei noch nicht ausreichend gewesen, um die Forderungen der Gewerkschaft durchzusetzen. Es sei die Strategie von ver.di, stets noch Maßnahmen zur Steigerung des Drucks auf den Arbeitgeber bereit zu halten. Der Streik der Kitas in Bremen sei eben so eine.

Auch die Angestellten der Bremer Polizei beraten nach Angaben der stellvertretenden Landesvorsitzenden der GdP, Elisabth Uzunoglu, über einen Streik. Die Bremer Polizei beschäftigt Angestellte unter anderem in den Zulassungsbehörden, den Service-Centern oder der Ausländerbehörde. Zwar dürfen Beamte sich dem Streik nicht anschließen, Uzunoglu betonte allerdings, dass es auch nicht zulässig sei, Beamte als Streikbrecher einzusetzen.

Katja Früchtenicht