Dieter Baumann über LAUFEN
: Experte für Glück und Lust

Dillug ist am Start: Das Deutsche Institut für Lauflust und -glück. Wir produzieren übrigens auch Ketchup

Vor wenigen Wochen glaubte ich noch, einer der wenigen Glücksforscher in Deutschland zu sein. Heute weiß ich, das war ein Irrtum, denn nur um das Glück allein kann sich die Lauferei nicht drehen. Nur dieser eine subjektiv wahrgenommene Glücksmoment, als ich an einem Herbstnachmittag mehr zufällig einen schnelleren Schritt gelaufen war, scheint mir als Beweis aus heutiger Sicht sehr fragwürdig, mich Glücksforscher nennen zu dürfen.

Von diesen Zweifeln besetzt, brachte mich die Headline einer Zeitung weiter. Sie bezeichnete mich als „Experte der Lauflust“. Ja, dachte ich, Lust und Glück hängen zusammen. Beim Glück beschränkte sich die Lauferei nur auf verschiedene Tempobereiche und das Warten auf die durch Funk und Fernsehen bekannten Endorphine. Kommt die Lust dazu, geht es um mehr. Zunächst montierte ich das einfache und schlichte Schild „Glücksforscher“ vor meinem Haus ab und ließ mir ein großes schwarzes Schild anfertigen. Dort steht mit goldenen Buchstaben: Deutsches Institut für Lauflust- und Glück, kurz: Dillug. Forschung, Zertifikate und Prüfungen zur Lauflust, Kurse nach Vereinbarung. Dieses Schild also nagelte ich an die Wand vor die Tür.

Im Grunde haben die Zeitungsmacher Recht. Lust ist wie die Lauferei körperlich spürbar. Lust breitet sich aus, packt einen, reißt einen mit und fort und weiter. Lust auf Laufen eben. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich mein Institut Dillug vor Anfragen und Aufträgen kaum retten kann. Sport, Bewegung, Laufen wird ja heutzutage geradezu als Medizin angesehen. Abnehmen, zu hoher Blutdruck, glatte Haut, dynamisch bleiben! Sie sehen, das Feld ist weit und nach all dem forscht mein Team im Dillug.

Natürlich sind die Fragestellungen nicht immer so einfach wie die nach dem richtigen Puls. Heute weiß jeder, noch bevor sich jemand zum ersten Mal einen Laufschuh anzieht, was der richtige Pulsbereich für welchen Kalorienverbrauch ist. Doch die Lauferei impliziert komplexere Fragestellungen, als Sie sich das vorstellen können.

Beispielsweise erreichte uns folgende Anfrage zum offensichtlich großen Problemthema im Sport, dem Trinken. Seit Jahren beispielsweise leidet ein Mann während des Trainings an Durst, und das, obwohl er fünf bis sechs Liter am Tag trinkt. Er stellte mein Forschungsteam vor eine große Aufgabe. „In gewisser Weise ist das Durstgefühl beeinflussbar durch Lutschen von Tomatenketchup oder durch Kauen von großen grünen Kalamataoliven mit Stein. Wenn ich beim flotten Wandern ca. fünf bis sechs Stück kaue und den Saft auf Zunge und Rachen zergehen lasse, habe ich für ca. eine Stunde kein Durstgefühl. Der Nachteil ist allerdings, dass mein Kaliumgehalt dann auf 12 Prozent unter Minimum absinkt“, so schilderte er seine Selbstversuche.

Nun, der Zusammenhang zwischen Oliven und Trinken ist hinreichend bekannt. Wir kennen alle das lästige Durstgefühl, wenn wir einen Martini zu uns nehmen. Dies führt dazu, dass wir irgendwann gar nicht mehr aufhören können zu trinken. Allerdings wissen wir auch, dass die Oliven, die wir im Martini schwimmen lassen, auf das Durstgefühl kaum einen Einfluss haben. Ohne den Forschungsergebnissen vorgreifen zu wollen, gehe ich davon aus, dass es sich beim Laufen ähnlich verhalten wird. Zudem warne ich alle Marathonläufer davor, sich Oliven lutschend an die Startlinie zu stellen. Zwar könnte sich dann das Durstgefühl eine Stunde später als sonst einstellen, im Gegenzug jedoch könnte es viel früher zu Problemen mit der Atmung kommen. Dann nämlich, wenn der Olivenkern beim Laufen in die falsche Röhre rutscht.

Unproblematischer ist das „Zergehenlassen“ von Tomatenketchup. Die ersten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es zwischen dem Absinken des Kaliumgehalts und der verwendeten Marke einen eindeutigen Zusammenhang gibt. Im Moment lasse ich von meinen Ernährungsexperten Dillug-Tomatenketchup herstellen, bei dem diese unerfreuliche Nebenwirkung aufgehoben ist. Ab Herbst wollen wir damit in den Handel.

Fotohinweis: Dieter Baumann LAUFEN Fragen zu Dillug? kolumne@taz.de Morgen: Philipp Maußhardt über KLATSCH