LESERINNENBRIEFE
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EU ist nicht hilfsbereit

■ betr.: „Im Notfall für Griechenland“, taz vom 10. 3. 10

Die EU ist überhaupt nicht hilfsbereit. Sie zwingt Griechenland zu für die Mehrheit der Bürger katastrophalen Sparprogrammen, die ein gigantisches Unruhepotential wegen der herrschenden Ungerechtigkeit in sich bergen.

Deutschland als Exportweltmeister verdient durch den Export in die Euroregion Milliarden, risikolos bisher. Aber anstatt zu helfen heißt es, die Griechen sollen sich selbst helfen. Erst als der IWF am Horizont erscheint, wacht unsere Regierung plötzlich auf und will unterstützen. Die Regierung handelt wie die blutsaugerischen, giergetriebenen, stetig sich risikolos bereichernden Banken und Finanzinstitute. JOSEF UNTERWERNER, Konstanz

„Pro“ heißt nicht „ja“

■ betr.: Pro und Contra: „Hat der Rechtspopulismus auch in Deutschland eine Chance“, taz vom 6. 3. 10

Macht euch doch bitte klar, dass „Pro“ und „Contra“ nicht „Ja“ und „Nein“, sondern „Dafür“ und „Dagegen“ heißen!

Auf der Meinungsseite stand mal wieder so eine Frage: „Hat der Rechtspopulismus auch ein Deutschland eine Chance?“ Niemand wird Ines Kappert ernsthaft unterstellen wollen, dass sie dem Rechtspopulismus gern eine Chance geben will; geantwortet hat sie selbstverständlich nicht mit „Pro“, sondern mit „Ja“! Und ich stimme voll mit ihr überein, was die Einordnung des Westerwelle-Populismus angeht: „Das muss man ja wohl noch sagen dürfen“ und die Behauptung, ein in Wirklichkeit nicht vorhandenes Tabu zu brechen, sind typische rechtsextreme Stereotype.

Da außerdem noch falsche Behauptungen aufgestellt und falsche Eindrücke erweckt werden – wie der Paritätische Wohlfahrtsverband klargestellt hat, besteht bei Einbeziehung von Wohngeld etc. nur dann kein Abstand zu Hartz-IV-Leistungen, wenn sittenwidrig niedrige Löhne gezahlt werden – und negative Stimmung gegen einen Teil der Bevölkerung gemacht wird, überschreitet Westerwelle für mich klar die Grenze zur Demagogie.

Also bitte, schreibt nicht „Pro oder Contra“, wenn Ihr „Ja oder Nein“ meint! TOBIAS HERP, Dortmund

Opfer waren meistens Frauen

■ betr.: „Urteil gegen Resozialisierung“, Kommentar von Ron Steinke, taz vom 10. 3. 10

Interessanterweise schreiben die Männer über die BGH-Entscheidung zur Sicherungsverwahrung gefährlicher Täter! Opfer waren meistens Frauen und im konkreten Fall des Daniel I. eine 31-jährige Joggerin. Der Täter hat eine Persönlichkeitsstörung, war aber offensichtlich zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig, sonst wäre er in eine forensische Psychiatrie gekommen, wo er so lange eingesessen hätte, bis man ihn für gesund erklärt hätte (wenn nicht gesund, dann lebenslang). Nun hatte er zehn Jahre Zeit, sich zu therapieren, um von seinem persönlichen Leid wegzukommen. Diese Zeit hat er offensichtlich nicht genutzt. Angebote gab es sicherlich mehr als genug im Vollzug, mehr als in Freiheit.

Ihm wurde weiterhin Gefährlichkeit und ein hohes Rückfallrisiko attestiert. Das heißt doch, dass es nach seiner Entlassung nur eine Frage der Zeit wäre, wann er das nächste Opfer (eine Frau) in seinen Händen hat. Darauf muss niemand warten. Also bekommt er zurecht Sicherungsverwahrung. Oder möchte irgendjemand von den Kommentatoren die Verantwortung übernehmen für das zu erwartende Leid, aus lauter Mitleid mit einem Täter, der die Chancen der Therapie und der Resozialisierung nicht genutzt hat? Warum kein Mitleid mit den Opfern? Woher kommt die akademische Frage mit dem Damoklesschwert der Sicherungsverwahrung für die „armen Täter“, die dann angeblich nicht mehr für offene Therapiegespräche zugänglich sind. Was ist das für ein worthülsiger Kurzschluss? Keine Tätertherapie läuft ohne Druck von außen, sei es der gesellschaftliche Druck, sei es familiärer Druck, sei es justizieller Druck, egal, es gibt nur eine handvoll Sexualstraftäter, die völlig freiwillig eine Therapie machen. Also ist der Handel doch völlig legitim: Du arbeitest an deiner Gesundung, und zwar gründlich. Und wenn nicht, wenn du eine Gefahr darstellst für potentielle Opfer, dann kriegst du Sicherungsverwahrung.

Es ist Unsinn von einer härteren Gangart im Jugendvollzug zu reden. Im Gegenteil, nach der Verabschiedung neuer Jugendstrafvollzugsgesetze in den einzelnen Bundesländern werden mehr denn je Kräfte und Ressourcen eingesetzt, um Bildung, Ausbildung, Sozialisierung und Therapie für die Jugendlichen anzubieten.

RAINER KAPPAUF, Wiesbaden

Sozialabbau auf leisen Sohlen

■ betr.: „FDP versenkt Dekadenzdebatte“, taz vom 11. 3. 10

Es ist nicht immer alles Gold, was zu glänzen scheint: „Außerdem wollen die Liberalen für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern nicht mehr die realen Kosten erstatten, sondern einen regional unterschiedlichen Pauschalbetrag. Damit solle die Selbstbestimmung gestärkt und die Zahl der Gerichtsverfahren gesenkt werden, heißt es.“

Eine Pauschalierung der Wohnkosten bedeutet Sozialabbau auf leisen Sohlen. Profitieren würden nur Langzeitmieter, deren Mietpreis häufig im unteren Bereich liegt. Für Neuvermietungen sind Preisaufschläge üblich. Damit ist es auch mit der vielbeschworenen „Selbstbestimmung“ nicht weit her.

MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln