Bush will Bin Laden immer noch fangen

Erstmals seit dem Sturz der Taliban stoppt US-Präsident Bush zum Kurzbesuch in Afghanistan. In Indien protestieren schon vor Bushs Besuch Hunderttausende. Nachfahren Mahatma Gandhis kritisieren Bushs geplanten Besuch von Gandhis Grab

KABUL/NEU-DELHI ap/afp ■ Auf seiner Asienreise hat US-Präsident George W. Bush gestern einen zuvor nicht angekündigten Stopp in Afghanistan eingelegt. Er wurde von Präsident Hamid Karsai in Kabul empfangen. Begleitet wurde Bush von seiner Frau Laura und Außenministerin Condoleezza Rice.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Karsai sagte Bush, er sei zuversichtlich, dass Terroristenführer Ussama Bin Laden „der Gerechtigkeit zugeführt“ werde. Auf die Frage nach der bislang vergeblichen vierjährigen Fahndung nach Bin Laden sagte der US-Präsident, die Suche nach ihm und seinen Verbündeten dauere an. Es gehe nicht darum, ob, sondern wann sie gefasst würden. Es gebe Fortschritte bei der Zerschlagung des Terrornetzwerks al-Qaida, sagte Bush.

Die erste Reise Bushs nach Afghanistan war nach US-Angaben aus Sicherheitsgründen geheim gehalten worden. Während des fünfstündigen Besuchs Bushs galten in Kabul strenge Sicherheitsvorkehrungen.

Gestern Abend wurde Bush in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi erwartet, am Samstag will er nach Islamabad in Pakistan weiterreisen. In Indien stehen Verhandlungen über einen amerikanisch-indischen Nuklearpakt auf der Tagesordnung. Vertreter beider Seiten hatten gehofft, letzte Unklarheiten vor George W. Bushs Besuch aus dem Weg zu räumen. Zuletzt bestanden aber noch Differenzen über eine klare Trennung zwischen zivilen und militärischen Atomprogrammen Indiens.

Vor Bushs Ankunft gingen gestern in Neu-Delhi zehntausende Menschen aus Protest gegen den Besuch auf die Straße. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten auf bis zu 100.000, die Veranstalter von der Muslimorganisation Dschamiat Ulaam-i-Hind gaben ihre Zahl mit 300.000 an. Der ehemalige Ministerpräsident V. P. Singh sagte unter dem Beifall der Menge: „Die Menschen in Indien haben eine kategorische Botschaft für Bush: Geh heim!“

Die Nachfahren des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi kritisierten Bushs geplanten Besuch an Gandhis Grabmal. Ein einfacher Besuch am Grab des Symbols der Friedensbewegung und Apostels der Gewaltfreiheit mache Bush noch nicht zu einem Friedensvertreter, sagte Urenkel Tushar A. Gandhi der Nachrichtenagentur AFP. Tushars Vater, Arun Gandhi, kritisierte Bush als „Kriegshetzer“. „Die einzige Art, wie Bush Gandhi ehren kann, ist nicht durch eine Kranzniederlegung an seinem Grabmal, sondern indem er mehr Mitgefühl für die armen Menschen dieser Erde zeigt“, erklärte er.