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: Schwarz, rot, gold

Netzer trug ein goldenes Jacket, die DFB-Elf rote Trikots – und alle sahen wir schwarz. Die Deutschen haben gegen die Italiener gespielt, wie sie aussahen: der eigenen Tradition entfremdet, mithin scheiße.

Wenn zwei Mannschaften dasselbe tun, ist es noch lange nicht das Gleiche. Im Jahr 2000 verordnete Kevin Keegan, damals Trainer der englischen Nationalelf, seinen Spielern eine ungewohnte Trikotfarbe: Rot. Diesen Bruch mit der Tradition einer für gewöhnlich in weißen Hemden aufspielenden Mannschaft begründete der Trainer clevererweise mit der Tradition selbst. In roten Trikots nämlich hatten die Engländer 1966 die Deutschen im WM-Finale besiegt, und an den Geist dieses bisher größten Triumphs wolle er anknüpfen.

Ganz anders verhält es sich mit den neu gestylten Leibchen der deutschen Nationalmannschaft. Hier fügt sich das Rot in die „corporate identity“ einer vom Wahlkalifornier Jürgen Klinsmann in wahrlich kalifornischer Weise „neu erfundenen“ DFB-Elf. Damit auch die Gegner die frische, aggressive und enthusiastische Dominanz wenn schon nicht zu spüren, so doch wenigstens zu sehen bekommen, musste eben eine Farbe mit entsprechender Signalwirkung her, ausgewählt nach den neuesten farben- bzw. küchenpsychologischen Erkenntnissen. Dieses Rot ist nicht nur rot, es soll etwas bezwecken, es ist die „Du bist Deutschland“-Farbe.

Früher kam die DFB-Elf manchmal in der rührend harmlosen Tarnfarbe Grün auf den Rasen – meistens aber in der erfreulich schlichten Kombination aus Schwarz und Weiß.

Klar, das sind gar keine Farben. Psychologen rätseln wohl auch noch, wie man damit dreifacher Weltmeister werden konnte. FRA