BERNWARD JANZING ÜBER DIE NETZAUSBAUFINANZIERUNG
: Mitsprache statt Bankgeschäfte

Im Tennet-Modell hat der Bürger keine Mitsprache, vermutlich kennt er nicht einmal die Akteure

Eines ist klar: Das Modell Tennet kann nicht das bevorzugte Modell sein, wenn man beim Ausbau der Stromnetze auf eine finanzielle Bürgerbeteiligung setzt. Diese Erkenntnis beruht aber nicht auf der Art und Weise, wie Tennet die Geldanlage konzipiert hat. Entscheidend ist vielmehr: Wer Bürgern die Möglichkeit geben will, sich an Stromnetzen finanziell zu beteiligen, muss auf kommunaler Ebene beginnen.

Ein gelungenes Beispiel ist die Energieversorgung Titisee-Neustadt im Hochschwarzwald. Diese übernahm im Mai 2012 das Stromnetz als überwiegend kommunales Unternehmen von einer EnBW-Tochter und sie ermöglichte einer Bürgerenergie-Genossenschaft den Einstieg in Höhe von 10 Prozent des Gesellschaftskapitals. Genau so muss es sein, genau so funktioniert Bürgerbeteiligung.

Denn über ihre finanzielle Einlage bekommen Menschen einen Bezug zu ihrem Unternehmen, sie entwickeln Eigenverantwortung für die Energieversorgung und gestalten die Entwicklung ihrer Gemeinde mit. Gerade vor dem Hintergrund der Energiewende ist das wichtig. Und dabei ist es gleich, ob es um Kleinstädte geht oder Großstädte wie Hamburg – entscheidend ist kommunale Nähe.

Was aber soll es bringen, wenn Bürger dem niederländischen Staatsunternehmen Tennet einen Kredit geben, damit dieses eine Hochspannungstrasse bauen kann? Das ist nichts als ein reines Bankgeschäft; der Bürger hat keinerlei Mitsprache im Unternehmen, er kennt vermutlich nicht einmal die Akteure. Zwar kann eine solche Anleihe als schlichte Kapitalanlage natürlich ihre Berechtigung haben. Nur darf man sich über die politische Komponente einer solchen Investition keine Illusionen machen: Für eine partizipative Energiewirtschaft bringt das Tennet-Modell überhaupt nichts.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8