„Die Politik hat versagt“

KRISE Stephan Kosch berichtet von der vergeblichen Suche nach einer neuen Form des Wirtschaftens

■ ist bei der taz für Krise und Klima zuständig.

taz: Herr Kosch, Sie haben sich für Ihr Buch auf die Suche nach einer neuen Wirtschaft begeben. Haben Sie sie gefunden?

Stephan Kosch: Nur in Ansätzen. Die Hoffnung war ja, dass sich die Staaten der Welt zusammentun, um durch einen Green New Deal gleich zwei Krisen zu lösen: die Wirtschaftskrise und die ökologische Krise. Ich habe bestenfalls Ansätze zu einer Ökologisierung gesehen. Insgesamt aber hat die Politik versagt. Ihre Konjunkturprogrammen hatten zu wenig mit einer neuen, nachhaltigen Wirtschaft zu tun.

Etwa die Abwrackprämie?

Zum Beispiel. Das deutsche Konjunkturprogramm war nur zu 13 Prozent ökologisch angelegt. In Süd-Korea dagegen diente 80 Prozent des eingesetzten Geldes einer ökologischen Erneuerung der Infrastruktur.

Die Wirtschaftselite trafen Sie beim alljährlichen St. Gallen Symposium. Wurde denn wenigstens dort unter Nobelpreisträgern und Unternehmenslenkern Wirtschaft neu gedacht?

Im Gegenteil! Es war enttäuschend. Zwar war zu der Zeit die Krise quasi auf dem Höhepunkt, dennoch spielte vor allem die Angst vor zu viel Staat, zu viel Protektionismus der Wirtschaft eine Rolle. Da wurde altes Denken von Generation zu Generation weitergegeben. Mir wurde klar: Die Wirtschaft will sich nicht ändern.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat im vergangenen Jahr 10 Mio. Euro verdient. Demnach ist die Krise ja ohnehin vorbei.

Ja, für die Deutsche Bank schon. Sie hat die Krise vorerst hinter sich gelassen, anderen Banken geht es aber sehr viel schlechter.

Geht mit der Krise auch der Anlass eines globalen Umdenkens?

Die Politik hätte sehr viel stärker eingreifen müssen, damit sich etwas ändert. Aber Rohstoffknappheit und Klimawandel werden früher oder später dafür sorgen, dass die Wirtschaft gar nicht umhin kommt, ökologischer zu handeln. INTERVIEW: FEZ

Lesung aus „Expeditionen im Krisengebiet“: 19 Uhr, Schwankhalle