Poesie des ewigen Widerstands

Der weltberühmte Dichter, Priester und Revolutionär Ernesto Cardenal ist mit Band in NRW unterwegs

Für den 81-jährigen Ernesto Cardenal gibt es immer noch kein größeres Geheimnis als die Liebe. Schon als junger Student schreibt er in Mexiko darüber Gedichte, getrieben von seiner Sehnsucht nach dem geliebten Mädchen, das sich ihm entzieht. Später richtet sich sein Sehnen dann auf die Begegnung mit Gott. Am meisten berühren aus dieser Zeit die Verse, deren Eros vom männlichen Begehren ununterscheidbar ist.

Voller Lebensweisheit rückt die Liebe dann in seinen noch nicht vollendeten „Gesängen des Universums“ als Gestaltungsprinzip ins Zentrum der gesamten Schöpfung. Über sie liest und diskutiert er jetzt in Gelsenkirchen und Düsseldorf. Aber auch über Mystik und Revolution. Denn der weltberühmte Dichter, Priester und Revolutionär ist mit seiner Poesie und seinem politischen Engagement zu einem Symbol für das Christentum und die gesellschaftliche Veränderung geworden. Er stand dabei immer auf der Seite der Armen und Entrechteten.

In seiner Heimat Nicaragua war er nach dem Sturz des Diktators Somoza unter den Sandinisten Kulturminister. Mit seinem Einsatz für die Theologie der Befreiung riskierte er den Streit mit dem Vatikan, wurde 1985 vom Priesteramt suspendiert und auch während einer der letzten öffentlichen Audienzen von Papst Johannes Paul II. nicht, wie erhofft, rehabilitiert. Die Religionswissenschaftlerin Dorothee Sölle schrieb an ihren Freund Ernesto: „Du hast sie beieinander gelassen: Religion, Politik und Liebe, Deine Liebeslieder sind politisch, Deine Psalmen erotisch. Deine Bejahung, deine Feier des Lebens ist umfassend.“

Unterwegs ist Ernesto Cardenal mit der lateinamerikanisch-deutschen Grupo Sal, die neben ihren eigenen Kompositionen auch jazzige Arrangements von Liedern aus Süd- und Mittelamerika spielt. Schon 1987 ging die Band erstmals auf Tournee, gemeinsam mit Dietmar Schönherr und dem Programm „Nicaragua mi amor“. Seit 1993 begleitete Grupo Sal in mehr als 200 Auftritten Ernesto Cardenal bei der Lesung seiner Werke und seiner Autobiografie.

Zusammen mit Dietmar Schönherr leitet Cardenal die Kulturstiftung „Casa de los tres mundos“ in Granada (Nicaragua). Der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels lebt heute als Schriftsteller in Managua, wo er sein Literaturstudium einst begann. Mit den Sandinisten hat er gebrochen, als deren wachsende Machtansprüche mit seinen Vorstellungen von Demokratie nicht mehr vereinbar waren. Mit Sergio Ramirez und Gioconda Belli gehört er zu den Gründern einer neuen Partei, die mehr innerparteiliche Demokratie einfordert. PETER ORTMANN

So., 5. März, Ev. Altstadtkirche Gelsenkirchen, Infos: 0209-5959Mo., 6. März, Schauspielhaus Düsseldorf, Infos: 0211-8523230