waldemar grzimek im gerhard marcks haus
: Versteckspiel mit Plastik

Karl der Große reitet über Bronzeköpfen in der Fensternische, ein Jüngling steht, die Nase beinahe an der Scheibe, Blickrichtung See. Und ein paar der Plastiken erkennt nur, wer sich redlich müht und um die Ecke linst. Das Gerhard Marcks Haus hat den Nachlass von Waldemar Grzimek bekommen. Und mit der Ausstellung „Ein Platz für Plastik“ hat es fast alle 101 Werke, die es neuerdings besitzt, aufgestellt. Einige werden gezeigt, die meisten versteckt. Ein Affront? Nein, eher doch ein witzig-kluger Umgang mit dem eigenen Platzmangel. Denn erstens zeigt’s: da ist noch mehr als diese wuchtigen Kerls und überlebensgroßen Frau’n aus Marmor und aus Bronze, für die es – zweitens – doch die Räume frei macht und beruhigt: Bedrohte, Bedrohter, Erwachende – Grzimek hat, im schroffen Gegensatz zu seinem Mentor Marcks, Bewegung, Drehung, Expression als Gegenstand figürlicher Plastik neu entdeckt, gedacht und auch gestaltet. Erotisch. Mitreißend. Erschütternd. Von daher passt’s, dass dieses Werk im Marcks Haus künftig auch museumsstrategisch die Rolle eines befreundeten Widerparts des Namenspatrons übernimmt. Nur hat es einen gravierenden Mangel: Es ist so ziemlich vergessen. Die Neugier auf den seit 22 Jahren Toten zu wecken – wenn das gelingt, ist auch die Schau gelungen. Und nichts erregt die Neugier mehr als just ein Spiel vom Zeigen und Verbergen.

Benno Schirrmeister

Eröffnung Sonntag. Bis 5. Juni