betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Ab Freitag wird es für Volksbühnenchef Frank Castorf ernst! Allerdings diesmal nicht in Berlin, sondern in Bayreuth, wo er Richard Wagners kompletten „Ring des Nibelungen“ inszeniert. Die Inszenierung führt, wie man schon in der Zeitung lesen kann, zwar irgendwann auch zum Alexanderplatz nach Berlin. Bleibt dabei aber natürlich trotzdem auf der Bühne des Festspielhauses in Bayreuth. Und Karten gibt’s eh nur, wenn man Angela Merkel, Thomas Gottschalk oder Edmund Stoiber heißt. Das muss uns allerdings nicht weiter grämen, denn auch Berlin hat in diesem Sommer Wagners ganzen Ring zu bieten. Und zwar in der hinreißenden One-Man-Version des genialischen Stimmenmorphers und Geräuschvirtuosen Stefan Kaminski, die für das Deutsche Theater entstanden und jetzt seit Dienstag in der Neuköllner Oper zu Besuch ist. Mit wenigen Mitteln und ungeheurer Fantasie fächert dieser vielseitige junge Schauspieler Wagners ganzen Nibelungen-Kosmos vor unseren Augen (und Ohren) auf: scharrt mit den Füßen in einem Sandkasten, schlägt Kühlschranktüren zu, rasselt mit allerlei Gerät und flüstert, stöhnt, schmeichelt, quietscht und brüllt in verschiedene Mikrofone und spielt, na klar, sämtliche Figuren natürlich im Alleingang. (Neuköllner Oper: „Der Ring des Nibelungen“ bis 3. August: „Rheingold“ am 30. 7., „Walküre“ am 31. 7., „Siegfried“ am 26. 7., 2. 8., „Götterdämmerung“ am 27. 7., 3. 8.).

Sinister und spannend ist die Geschichte, die das Stück „All The Pretty Girls“ des britischen Regisseurs David Ncube erzählt. Sie spielt 1979 in Rostock, und vier Menschen, die (von der Stasi?) gefoltert wurden, stehen im Mittelpunkt. Gespielt wird an vier verschiedenen Orten, unter anderem in der Friedrichshainer Cellar Gallery. Premiere des englischsprachigen Projekts ist am Sonntag um 19 Uhr am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer 33, im Boehmers. („All The Pretty Girls“, alle Informationen unter www.whatelseisthere.org.uk).

Und weil Sommer ist, kann Theater auch gern mal draußen sein. Ein sehr traditionsreicher Outdoorspezialist von großer poetischer Opulenz ist das Theater Anu, das seit Ende der 1990er Jahren mit unterschiedlichen Formen von Theater im öffentlichen Raum immer wieder Furore macht. Als Bühne für „Ovids Traum“ hat sich die Truppe nun das Tempelhofer Feld ausgesucht. In seinem Zyklus „Metamorphosen“ verwandelt der römische Dichter vor 2.000 Jahren Menschen zu Bäumen, Steinen, Vögeln und Blumen. Verwandlungen, die nun das Theater bildmächtig nachvollzieht. (Berlin Tempelhofer Feld, Eingang Columbiadamm: „Ovids Traum“, 25.–28. 7., jeweils um 22 Uhr).