Attac verklagt Banker und Bundesregierung

FINANZKRISE Mit einem Bankentribunal will Attac die Ursachen der Finanzkrise sowie die Bankenrettungen kritisch unter die Lupe nehmen. Auf der Anklagebank sollen Merkel, Schröder und Ackermann sitzen

BERLIN taz | Wenn schon niemand die Verantwortlichen der Finanzkrise zur Rechenschaft zieht, dann muss man es eben selbst tun. Das hat sich das globalisierungskritische Netzwerk Attac gedacht und lädt ein zu einem Banken-Tribunal. „Die undemokratische Bankenrettung zeigt besonders prägnant, wie Politik und Wirtschaft sich weigern, die notwendigen Konsequenzen aus der Krise zu ziehen“, sagte Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis. „Um dem etwas entgegenzusetzen, brauchen wir einen zivilgesellschaftlichen Prozess.“ Dazu sei das Bankentribunal ein Auftakt.

Anklagen will Attac Gerhard Schröder, Peer Steinbrück (beide SPD) und Angela Merkel (CDU). Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der frühere Bundesbankpräsident und Chef-Kurator der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Hans Tietmeyer, sollen auf der Anklagebank sitzen. Attac wirft ihnen „Aushöhlung der Demokratie und Vorbereitung der Krise“ vor, „Zerstörung der ökonomischen Lebensgrundlagen in Nord und Süd“ sowie „Verschärfung der Krise“. Die Anklageschrift würde ihnen in diesen Tagen zugestellt.

Attac greift zur Selbstjustiz? Beim Tribunal gehe es nicht darum, Sündenböcke ins Rampenlicht zu stellen, betont Sundermann. „Wir wollen die systemischen Ursachen der Krise anschaulich machen.“ Das Tribunal, das vom 9. bis 11. April in der Volksbühne in Berlin stattfinden soll, geht zurück auf eine Idee des Briten Bertrand Russel, der 1966 mit einem öffentlichen Tribunal Kriegsverbrechen der USA im Vietnamkrieg untersuchte.

Prominente Zeugen

Für das Bankentribunal hat Attac auch auf Verteidigerseite für Prominenz gesorgt: Als Ankläger und Zeugen sollen unter anderem der ehemalige Chefredakteur des Manager-Magazins, Wolfgang Kaden, auftreten, der globalisierungskritische Wirtschaftsjournalist Harald Schumann sowie die kenianische Menschenrechtsaktivistin Wangui Mbatia. RichterInnen sollen Sozialethiker Friedhelm Hengsbach, taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Hermann sowie der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Borchert sein. Das politische System zeige „keine ernsthafte Bereitschaft zur Selbstkritik“, sagte Borchert. Es sei ihm deshalb „Ehre wie Verpflichtung“, dem Tribunal als „Richter einer obersten Tatsacheninstanz“ dienen zu dürfen. FELIX LEE