Einige Fragen an die Herren von der SPD

SOZIS FORDERN KITAPFLICHT

Es ist ja nicht so, dass die Idee nicht einen gewissen Charme hätte

Ja, es tut vielen Kindern offenbar gut und fördert ihre Entwicklung, wenn sie vor der Schule die Kita besuchen. Das zeigen viele Untersuchungen und Zahlen: so wie jüngst die Auswertung der letztjährigen ärztlichen Einschulungsuntersuchungen, die Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) in dieser Woche vorstellte. Sie war es vermutlich, die den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, auf die Idee brachte, eine alte und eigentlich längst beerdigte Idee seines Parteigenossen Heinz Buschkowsky in den still ruhenden See mit Namen Sommerloch zu werfen: die Kitapflicht.

Nun denn. Es ist ja nicht so, dass die Idee nicht einen gewissen Charme hätte. Immerhin verschaffte sie Eltern den sicheren Anspruch auf einen Kitaplatz, und zwar einen in der Nähe ihres Wohnorts, wie es bei der Grundschule ja auch üblich ist. Das wäre ja was. Aber, liebe Herren von der SPD, da sind doch noch einige Fragen offen:

Wie wollen Sie denn die zusätzlich benötigte Infrastruktur finanzieren? Vier Fünftel aller Kinder besuchen derzeit vor der Einschulung zwei Jahre lang eine Kita. Machte man das zur Pflicht, kämen dazu bei aktuell gut 90.000 Kindern zwischen 3 und 6 noch 18.000 dazu. Berlin müsste also noch einmal etwa ebenso viele neue Kitaplätze neu schaffen, wie derzeit zur Erfüllung des Platzanspruchs für unter dreijährige Kinder geplant sind – Kostenpunkt fürs Land: etwa 20 Millionen Euro.

Und wie wollen Sie die nötigen ErzieherInnen finden? Bei einem Schlüssel von etwa neun Kindern pro ErzieherIn wären rund 2.000 zusätzliche Fachkräfte nötig. Das kostet auch, und ErzieherInnen sind jetzt schon Mangelware: 500 Stellen sind derzeit unbesetzt, sagt die GEW.

Nur mal angenommen, Sie lösten die Finanz- und Personalprobleme: Wie soll die Pflichtkita denn künftig aussehen? Derzeit sind die Öffnungszeiten vorschulischer Einrichtungen ja oft erheblich flexibler und besser auf Arbeits- und Urlaubszeiten von Eltern eingestellt als Schulen. Sollten sie künftig – wäre ja eine Einsparmaßnahme – auf Schulöffnungs- und Schulferienzeiten umstellen, würde das zig Eltern die Chance auf Berufstätigkeit nehmen. Das wäre aber auch wieder blöd, oder?

Und die letzte Frage, die sich stellt, liebe Herren von der SPD: Wenn Sie das alles haben wollen – warum haben Sie dann um alles in der Welt gerade erst vor ein paar Jahren in Berlin die Vorschule abgeschafft? ALKE WIERTH