ANNA KLÖPPER DER WOCHENENDKRIMI
: Notwehr, verständlich

Diese Woche basteln wir uns unseren aktuellen „Tatort“ einfach mal selbst. Dazu überlegen wir zuerst kurz, wie das war, mit Trayvon Martin, diesem jungen Schwarzen, der 2012 im US-Bundesstaat Florida erschossen wurde. Von einem Weißen, einem sogenannten Nachbarschaftswächter. Der war bewaffnet, Martin nicht. Trotzdem Notwehr, behauptete der Hobby-Polizist – das Gericht sprach ihn Mitte Juli frei.

So. Und nun schalten wir am Sonntag den Bayerischen Rundfunk ein (ja, doch) und gucken uns Alan Parkers „Mississippi Burning“ aus dem Jahr 1988 an. Damit wäre die fiktive Aufarbeitung des Falls nämlich erledigt – und wenn sich in einem Jahr der „Tatort“ des Themas Rassismus annimmt und das schiefgeht, hat man schon mal einen guten Film dazu gesehen.

FBI-Agent Anderson (Gene Hackman) rauscht also mit seinem jungen Kollegen Ward (Willem Dafoe) auf der Interstate gen Süden, reklamiert ein Pamphlet des Ku-Klux-Klans – man schreibt das Jahr 1964 undträumt und protestiert mit Martin Luther King – und Anderson lacht sich ob der mangelhaften Rhetorikkünste des KKK halb tot: „Humor ist manchmal der einzige Ausweg.“

Und manchmal auch nicht. Immer schneller wirbelt die Spirale aus Rassenhass, Gewalt und Angst, bis da nichts mehr ist, worüber man lachen könnte. Drei Studenten wollen ihre schwarzen Mitbürger über deren Wahlrecht (auf dem Civil Rights Act ist die Tinte gerade trocken) aufklären, und da liegen die drei auch schon tot im Sumpf.

Die Täter scheinen klar – der Richter spricht sie (zunächst) frei: „Das Gericht hat Verständnis für diese Taten.“ Nun ist es ein Unterschied, ob man „Verständnis“ äußert oder an „Notwehr“ glaubt. Doch wenn im Film die Frage gestellt wird, was Gleichheit vor dem Gesetz eigentlich bedeute, fällt die Antwort fast 50 Jahre nach der Filmhandlung vielleicht erschreckend ähnlich aus.

„Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“; So., 22.15 Uhr, BR