„Who the fuck …?“

Wenn Medien und Mediaplaner so tun, als würden sie feiern: die Verleihung des Deutschen Mediapreises

Wie 500 Menschen feiern, die insgesamt über rund 20 Milliarden Euro, das heißt 90 Prozent des Werbeetats in ganz Deutschland im Jahr entscheiden? Unspektakulär. Ein bisschen wie auf der Jahresfeier des Bankenverbandes ging es zu bei der achten Verleihung des Deutschen Mediapreises in München. Gedecktes Grau statt Flip und Hip, ältere Herrschaften mit guten Manieren statt aufgedrehter Kreativ-Koksnasen. Wenn die Entscheider der Werbebranche feiern wie letzte Woche, dann regiert eben das Geld.

„Es ist der bunte Ball der grauen Eminenzen“, meint Cartoonist Bulo, der die Branche seit Jahren beobachtet und über-zeichnet. Er wundert sich auch nicht, dass die Hemden trotz mancher Drinks zugeknöpft bleiben: „Hier hofieren die Medien die Planer, die Planer buhlen um die werbungtreibenden Unternehmen, und die wiederum versuchen, bei den Medien gut dazustehen.“ Oder in Namen übersetzt: Spiegel, Handelsblatt, ProSiebenSat.1 – ZenithMoreMedia, MindShare, Sweetwater – Danone, o2, Beiersdorf. Beim Mediapreis geht es eben nicht um den ansehnlichsten Werbespot oder das ausgefallenste Produktdesign. Sondern um die Entscheider dahinter: die Mediaagenturen, die sich jedes Jahr aufs Neue bei den Werbungtreibenden um Anzeigenbudgets bewerben – und deren Aufgabe es ist, dieses Geld hernach zu verwalten.

Besonders gut gelungen ist das nach der Meinung der Juroren im vergangen Jahr etwa Mediaplus: Auf Riesenpostern, Großflächenplakaten und Printanzeigen hatte die Münchner Agentur die Frage gestellt: Who the Fuck is Alice? Diverse Medien fragten sich das danach auch – ein Grund, warum die Kampagne nicht jeden überzeugt hat: „Redaktionen öffnen sich immer mehr der Werbung“, beklagt Jochen Kalka, Chefredakteur der Branchentitel wuv und Media & Marketing, gegenüber der taz. „Das ist eine gefährliche Entwicklung, die auch bei dieser Kampagne genutzt wurde.“ Überhaupt sei das Mediageschäft zu einem Preisdrückergeschäft geworden, meist werde den gebuchten Medien von den Agenturen nur noch die Hälfte des Listenpreises gezahlt. Inzwischen sei die Rabattschraube aber am Ende, „jetzt werden die Zielgruppen wieder spannend“, glaubt Kalka. „Mal schauen, wie lange Nischen noch verkannt werden – die taz etwa hat eine unglaublich homogene und anspruchsvolle Zielgruppe, mit der sich leicht planen lässt.“

Auch an dem übertriebenen Buhlen der Verlage um die Budgets stört sich Branchenexperte Kalka. „Qvest und Cicero etwa sind Printtitel, die in erster Linie den Mediaplanern gefallen sollen.“ Oder wie es der Karikaturist Bulo mit ein wenig mehr Ecken und Kanten formuliert: „Wenn die ein oder andere Blassnase nicht Verwalter von diversen Millionen wäre, würde sie keiner auch nur von hinten anschauen.“

MAX HÄGLER