Flug ins Ungewisse

AUSLÄNDERRECHT Gestern Morgen wurde eine Nigerianerin nach Lagos abgeschoben – trotz Aufenthaltserlaubnis für Italien. Das Ausländeramt sagt, es hätte so handeln müssen

Nur durch Zufall erfuhr die Anwältin davon, dass Justina A. wieder hier war

Von Eiken Bruhn

In einem zweiten Fall hat die Bremer Ausländerbehörde alles daran gesetzt, eine Frau nach Nigeria abzuschieben, obwohl sie eine Aufenthaltserlaubnis für Italien besitzt. Mit Erfolg. Im Unterschied zu dem Fall der vergangenen Woche wurde die 33-jährige Justina A. gestern morgen über Stuttgart nach Lagos ausgeflogen. Besonders grausam aus ihrer Sicht wird gewesen sein, dass sie in Rom das Flugzeug wechseln musste – anstatt von dort in ihren Wohnort Perugia weiter reisen zu können.

Dabei ging zuletzt auch das Bremer Ausländeramt davon aus, dass sich Justina A. entgegen der ursprünglichen Verdächtigungen rechtmäßig in Italien aufhielt. Das Problem: Sie kam mit einer gefälschten Aufenthaltserlaubnis für Spanien nach Deutschland, weil sie ihre für Italien verloren hatte und noch auf die neuen Papiere wartete. Nachdem der italienische Honorarkonsul sich dieses von der zuständigen Behörde in Italien hatte bestätigen lassen, erlaubten die Bremer der Nigerianerin am Montag die Ausreise nach Rom.

Dort wurde sie aber an der Einreise gehindert – und in ein Flugzeug nach Amsterdam gesetzt. Von dort wurde sie nach Bremen gebracht und hier für eine Nacht im Polizeigewahrsam gefangen gehalten. Telefonieren konnte sie dort offenbar nicht: Ihre Anwältin Christine Graebsch erfuhr durch Zufall davon, dass sie wieder hier war. Eine Mitgefangene habe ihr davon erzählt, sagte Graebsch gestern. Intervenieren konnte sie nicht mehr: Das Verwaltungsgericht lehnte gestern ihren Antrag ab, Justina A. die erneute Einreise nach Italien zu ermöglichen. Das Gericht begründete dies damit, dass sie ihre Aufenthaltserlaubnis bis zur gestrigen Zwischenlandung nicht würde vorlegen können.

Wie bereits bei Jennifer I., der ebenfalls eine Fälschung unterstellt worden war und die erst nach einigen Wirrungen nach Bergamo fliegen durfte (taz berichtete), gibt es eine Parallelargumentation von Gericht und Amt. Danach sei die Klärung des Aufenthaltsstatus nicht entscheidend, da Justina A. genau so gut nach Nigeria abgeschoben werden könne. „Dazu sind die Behörden verpflichtet“, sagte gestern Rainer Gausepohl, Sprecher des Innensenators. Auch dazu, die Abschiebung möglichst zügig zu vollziehen: Zwischen der missglückten Einreise nach Rom und der Abschiebung nach Nigeria lagen drei Tage.

Warum die Italiener die Einreise verweigert haben, sei nicht bekannt, sagte Sprecher Gausepohl. Eine Verpflichtung, die Gründe heraus zu finden, sehe er nicht. Die Anwältin Graebsch hat eine Erklärung: „Die deutsche Bundespolizei hätte die italienische Polizei informieren müssen, dass meine Mandantin kommt.“ So aber, vermutet Graebsch, stand Justina A. am Flughafen ohne gültiges Dokument.

Dass ihrer Mandantin wie auch schon Jennifer I. von der Ausländerbehörde „mangelnde Mitwirkung“ vorgeworfen wird, ärgert sie besonders. Während das Bremer Amt es über Wochen versäumt habe, bei seinem italienischen Pendant anzurufen, habe Justina A. aus der Haft heraus erreicht, dass ihre Unterlagen zur Abholung in Italien bereit lagen. Zudem seien offenbar Fälle verwechselt worden. „Vielmehr taucht gleichsam wie aus dem Nichts ein italienischer Ehemann auf“, schreibt der Amtsleiter am 10. März. „Das hat auch nie jemand behauptet“, sagt Graebsch. Verheiratet war Jennifer I. Was ihr zunächst auch nicht geglaubt worden war.