Kirchenasyl für Roma-Familie

ABSCHIEBUNG Die evangelische Kirchengemeinde aus Moringen nimmt eine fünfköpfige Flüchtlingsfamilie bei sich auf, um ihnen die Chance zu geben, gegen ihre Ausweisung in den Kosovo gerichtlich vorzugehen

„Für sie gibt es keine menschenwürdige Zukunft im Kosovo

DIRK GRUNDMANN, PASTOR

Für Mittwoch war die Roma-Familie aus dem Kreis Göttingen für einen Abschiebeflug nach Pristina vorgemerkt. Einen Tag zuvor wechselte sie unbemerkt von den Behörden ihren Wohnsitz. Die evangelische Kirchengemeinde aus dem Ort Moringen im Landkreis Northeim hat der Familie Kirchenasyl gewährt.

2006 war die Familie nach eigenen Angaben gewaltsam aus dem Kosovo vertrieben worden. Sie sei mit dem Tod bedroht, der Vater mehrfach überfallen und verprügelt worden. Ärztliche Gutachten haben dem 34-Jährigen eine Schmerzstörung, eine schwere Depression und eine Angsterkrankung attestiert.

Dreieinhalb Jahre lebten die Flüchtlinge in dem kleinen Dorf Bösinghausen bei Göttingen. Die beiden älteren Kinder besuchen eine weiterführende Schule, die jüngste Tochter kam 2008 zur Welt. Weil sie von der Ausländerbehörde keine Arbeitserlaubnis bekam, konnte die Mutter mehrere Beschäftigungsangebote nicht annehmen.

Die vom Kreis Göttingen ausgestellte Duldung war vor wenigen Wochen abgelaufen. Ein Eilantrag beim örtlichen Verwaltungsgericht, mit dem die Familie unter Verweis auf den schlechten Gesundheitszustand des Vaters einen vorläufigen Abschiebeschutz erreichen wollte, blieb am Dienstag erfolglos.

Insgesamt standen drei im Kreis Göttingen lebende Roma-Familien aus dem Kosovo auf der Abschiebeliste für den Flug nach Pristina. Lediglich in einem Fall stoppte das Gericht die Ausweisung. Zwar hat sich der Göttinger Rat in einer Resolutionen gegen die Abschiebungen in den Kosovo ausgesprochen, doch Widerstand oder auch nur Widerspruch gegen die Anweisungen aus Hannover kommt von der rot-grünen Ratsmehrheit nicht.

Die Moringer Gemeinde erklärte gestern, das Kirchenasyl sei zunächst auf zwei Wochen befristet. Damit solle die Familie Gelegenheit erhalten, Rechtsmittel gegen die jüngste Gerichtsentscheidung einzulegen. „Durch das Kirchenasyl möchten wir auf die prekäre Lebenssituation der Familie aufmerksam machen“, sagt Pastor Dirk Grundmann. „Für sie und andere Familien gibt es keine menschenwürdige Zukunft im Kosovo. Und das sagen nicht nur wir, sondern auch der EU-Kommissar für Menschenrechte.“ REIMAR PAUL