Petzen per E-Mail

Ein internetbasiertes Anti-Korruptionssystem bringt Niedersachsens Innenminster Schünemann in die Kritik

Um in den Spiegel oder sogar die Bild zu kommen, markiert Uwe Schünemann gern mal den ganz Harten. Weniger lieb wird es Niedersachsens CDU-Innenminister aber gewesen sein, von Deutschlands größter Boulevard-Zeitung als „Verlierer des Tages“ abgestempelt zu werden. Sein im Oktober 2003 eingeführtes E-Mail-System, mit dem BürgerInnen anonym Tipps über Korruptionsfälle abgeben können, müsse „eingestellt“ werden, urteilte die Bild und berief sich – wie der Spiegel – auf eine Studie des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Bielefeld.

Danach hat sich die Petzer-Homepage des Landeskriminalamts (LKA), auf der „Ihnen die Möglichkeit“ gegeben wird, „sich durch Anonymität zu schützen und gleichzeitig aktiv an der Aufklärung von Wirtschaftskriminalität mitzuwirken“, als „Flop“ erwiesen. Die Ergebnisse der 185 untersuchten Anzeigen, die anonym im Internet abgegeben wurden, seinen „miserabel“, schrieb der Spiegel und sprach von einem „staatlich organisierten Denunziantensystem“, mit dem „Nachbarn und Konkurrenten“ geschädigt werden könnten. Nur in einem Fall sei es zur Anzeige gekommen, bei 90 Prozent sei das Verfahren eingestellt worden. Die Denunzianten hätten offenbar keine Anhaltspunkte für eine Straftat liefern können – trotz zum Teil hochnotpeinlicher Durchsuchungen oder Kontenabfragen.

„Es scheint, als habe das Instrument bislang nicht den gewünschten Erfolg gehabt“, freute sich gestern die Rechtsexpertin der SPD, Heike Bockmann, und zitierte Minister Schünemann prompt in den Rechtsausschuss. Dort dürfte er wohl die Meinung des LKA zur Bielefelder Studie referieren. Das findet nämlich sein Internet-System ziemlich „erfolgreich“. 143 per Internet aufgespürte Fälle hätten den Forschern wegen laufender Ermittlungen im Untersuchungszeitraum nicht zur Verfügung gestanden, erklärt das LKA. Tatsächlich habe die Polizei durch „Whistleblowers“ (engl. Pfeifenbläser, also Hinweisgeber) inzwischen einen bestechlichen Polizisten fassen und Mauscheleien im Zusammenhang mit Schadensfällen durch die Flut im Jahr 2002 aufdecken können. ksc