kurzkritik
: Keine Antwort auf Lebensfragen

„Schwärmer und Schwarzmaler – Was Optimisten und Pessimisten unterscheidet.“ Ich muss gestehen: So richtig schlau darüber bin ich auf der Veranstaltung der IUB zu diesem Thema nicht geworden. Optimisten sind glücklicher als Pessimisten, sind weniger krank, aber leben auch gefährlicher.

Wieviel Optimismus verträgt der Mensch? Und vor allem: Woher nehme ich meinen Optimismus? Fragen über Fragen, auf die es offenbar keine Antworten gibt. Auch nicht in der Wissenschaft. Britta Renner, Psychologin der IUB, trug die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen über die Auswirkungen des Optimismus auf Krankheitsverläufe vor, kurz gesagt: Optimisten stehen schneller wieder auf vom Krankenbett. Aber Optimisten unterschätzen auch das Risiko, aufgrund ihres Verhaltens krank zu werden, unterschätzen die Gefahren von Rauchen und Trinken und Aids. Ein Quäntchen Pessimismus tut gut – weil er zur Vorsicht rät.

Die Sinologin Nicola Spatkowski interpretierte den Fall Mao Tse Tung als Beispiel eines fast paranoiden Optimismus in der Geschichte: Noch die verlustreiche Flucht des „Langen Marsches“ vermochte er zum Sieg umzuinterpretieren und zur Grundlage weiterer blutiger Phasen der chinesischen Geschichte zu verklären. Ein revolutionärer Optimist, der über Leichen ging. Ein Quäntchen Pessimismus, was die Formbarkeit des Menschen angeht, hätte der chinesischen Politik gutgetan. Wer nicht so optimistisch war, von einem Abend Antworten auf Lebensfragen zu erwarten, konnte zufrieden mit den Anregungen nach Hause gehen. kawe