Kohle trotzt Regierung

Die Deutsche Steinkohle will sich nicht abwickeln lassen. Ihr Chef Bernd Tönjes weigert sich im Landtag, Ausstiegsszenarien vorzulegen. CDU und FDP halten an Subventionsabbau fest

VON DIRK ECKERT

Um das Geld, das das Land Nordrhein-Westfalen für die Förderung von Steinkohle ausgibt, muss man sich keine Sorgen machen. Folgt man Bernd Tönjes, ist es hervorragend angelegt. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Steinkohle (DSK) erschien gestern eigens im Landtag, um den Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses zu erklären, wie wichtig die Steinkohle für NRW ist.

Es war keine leichte Aufgabe für Tönjes. Schließlich hat sich die CDU/FDP-Mehrheit im Landtag vorgenommen, die Subventionen bis 2010 um 750 Millionen Euro zu kürzen. Vor allem die Freidemokraten proklamieren, Geld besser für Bildung auszugeben als für Kohleförderung. Er sei gekommen, solcher „emotionalisierenden Polemik“ einen „Diskurs der Vernunft“ entgegenzusetzen, begann Tönjes: Kohleförderung, das bedeute nicht nur Sicherheit in der Energieversorgung, sondern auch Kaufkraft, Arbeitsplätze und Investition in Spitzentechnologie. Und nicht zuletzt trage die DSK mit ihren Ausbildungsplätzen dazu bei, dass keine „Pariser Verhältnisse“ in NRW einziehen.

Tönjes konnte sogar nach Städten beziffern, wie stark Zulieferer von DSK-Aufträgen profitieren. So flossen zum Beispiel 127 Millionen Euro nach Bochum, 183 Millionen nach Recklinghausen und 97 Millionen nach Mülheim. Insgesamt habe die DSK allein in 2005 1,6 Milliarden Euro bei Zulieferern ausgegeben. „Wodurch soll das eigentlich ersetzt werden? Darauf hat mir bisher noch keiner eine Antwort gegeben“, sagte Tönjes.

Auch das Image vom Subventionsschlucker wollte der Kohle-Boss nicht auf seinem Unternehmen sitzen lassen. Der Subventionsabbau der letzten Jahre sei „beispielhaft“, auch das Personal sei abgebaut worden auf 36.5000 Beschäftigte in 2005 und solle weiter reduziert werden auf 20.600 in 2012. Die Bergbau-Altlasten bezifferte Tönjes auf durchschnittlich 513 Millionen Euro pro Jahr zwischen 2006 und 2012. Dem ständen heute schon Rückstellungen von 6,7 Milliarden Euro gegenüber.

CDU, FDP und Grünen reichten diese Ausführungen nicht. „Mir drängt sich der Eindruck auf: Die Deutsche Steinkohle kassiert und schweigt“, kritisierte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Er forderte ein „Ausstiegsszenario“ aus der Kohle. Auch CDU und Grüne verlangten von der DSK Kostenszenarien über mögliche Zechenschließungen. „Wenn wir keine Modellrechnungen bekommen, können wir nicht entscheiden“ sagte Christian Weisbrich (CDU).

Kohle-Chef Tönjes wies solche Forderungen jedoch entschieden zurück: „Wir sind nicht angetreten, uns selbst ans Messer zu liefern.“ Zugleich deutete er aber an, Ausstiegsmodelle vorzulegen, wenn der Bund das wünsche. Die Regierungsfraktionen nahmen das zufrieden zur Kenntnis. „Eine signifikante Veränderung der Position der Deutschen Steinkohle“, kommentierte CDU-Mann Weisbrich.

Zum Umdenken bewegen konnte Kohle-Chef Tönjes die Regierungsfraktionen allerdings nicht. „Die Absenkung der Subventionen ist beschlossene Sache“, stellte Staatssekretär Jens Baganz klar. Kohlesubventionierung sei nichts anderes als „Wertvernichtung“, sagte er. „750 Millionen Euro müssen eingespart werden, und mir hat noch niemand bewiesen, dass das nicht geht“, sagte Weisbrich. „Wir wollen einen sozialverträglichen Abbau der Subventionen.“

„Sie sind dabei der NRW-Wirtschaft ins Fleisch zu schneiden“, konterte Axel Horstmann (SPD). Die Sozialdemokraten verwiesen auf den Bergbau-Zulieferer Heitkamp-Deilmann-Haniel (HDH). Durch die drohende Insolvenz sind dort 1.600 Arbeitsplätze gefährdet. Das zeige, wie wichtig der Steinkohlebergbau für den Mittelstand im Ruhrgebiet sei, sagte Norbert Römer (SPD). „Das Geld, das wir da reinstecken, führt zu Arbeitsplätzen“, befand Fraktionschefin Hannelore Kraft. Die Sozialdemokraten waren auch die einzigen, die sich mit den Ausführungen des DSK-Chefs im Wirtschaftsausschuss zufrieden zeigten.