massenverhöre von flüchtlingen
: Menschenrecht geht vor Diplomatie

Wenn eine Delegation aus einer Diktatur anreist, um vierzehn Tage lang ihre echten oder vermeintlichen Staatsangehörigen zu verhören, sei daran nichts Anrüchiges. Das meint zumindest die Landesregierung und die Zentrale Ausländerbehörde, Gastgeber der vierköpfigen Gesandtschaft. Doch ganz so einwandfrei scheint diese Methode nicht zu sein. Als im März und November 2005 zwei Mal eine entsprechende Delegation in Hamburg abgelehnte AsylbewerberInnen verhörte, sprach nicht nur der dortige Flüchtlingsrat von einer „dubiosen Delegation“. Auch die Grün-alternativen Liste (GAL) im Hamburger Senat kritisierte die Anhörungen als „undurchsichtig“ und „rechtlich problematisch“.

KOMMENTAR VONNATALIE WIESMANN

Denn gegenüber der guineischen Flüchtlingsinitiative ARP hatten die Mitglieder der Delegation ihre Identität nicht preisgeben wollen. Für die Vorgeladenen seien sie anonym geblieben, einige Mitglieder hätten Sonnenbrillen getragen, um unerkannt zu bleiben. Sogar die guineische Botschaft hat sich von der Vorgehensweise distanziert, wollte die angereiste Truppe nicht anerkennen.

Der Streit darüber, ob Botschaften bei der Ausstellung von Papieren übergangen werden dürfen oder nicht, darf aber nicht den größeren Skandal überdecken: Guinea ist nur einer der vielen Unrechtsstaaten auf der Welt, mit denen Deutschland gemeinsame Sache macht. Dass ein Land jahrzehntelang von Diktatoren regiert wird, interessiert nicht. Ob die Abgeschobenen am Flughafen verhaftet und später gefoltert werden, auch nicht – aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn die diplomatischen Beziehungen stimmen, drücken die Behörden ein Auge zu. Es kann nicht sein, dass allein das Auswärtige Amt über Abschiebungen walten darf. Eine Gegendelegation aus Deutschland, an der auch Flüchtlingsorganisationen beteiligt sind, müsste seine Beurteilungen überprüfen.