Heimspiel für Uwe B.

Die Bremerhavener SPD nominiert den Bundestagsabgeordneten Uwe Beckmeyer als neuen SPD-Landesvorsitzenden. Eine politische Debatte gab es nicht, dafür 107 von 107 Stimmen

Bremen taz ■ Etwas Mühe hat man sich schon gegeben beim Styling der alten Bremerhavener Filiale der Bremer Stadtwerke, heute swb. Von außen aufwändig beleuchtet und im neuen Firmendesign beschildert wirkt alles irgendwie zukunftsweisend. Drinnen verflüchtigt sich dieser Eindruck schnell. Der dunkel getäfelten Kantine im Inneren des Firmengeländes sind die Jahrzehnte deutlich anzusehen. Hier tagt der Parteitag des SPD-Unterbezirks Bremerhaven, und wenn man so will, finden sich die architektonischen Kontraste des Tagungsortes auf gewisse Weise in der Zusammensetzung der Delegierten wieder.

Neben Jusos, die aussehen, als hätten sie vor der Sitzung gemeinschaftlich die Anzugabteilung bei H&M leer gekauft, sitzen alte Gewerkschafter, deren Parteieintritt in die Zeit des Wirtschaftswunders fallen dürfte.

Nicht weniger als 18 Wahlen stehen auf der Tagesordnung: Revisoren, Schriftführer usw. Routine. Bis auf eine: Nummer 10.8.3., der Punkt „Empfehlung für die Wahl des Landesvorsitzenden“. Bereits im Vorfeld hat man sich mit dem deutlich größeren Schwesterverband Bremen-Stadt geeinigt: Auf dem Landesparteitag am 25. März soll der Bremerhavener Uwe Beckmeyer zum neuen Parteichef gewählt werden.

Das freut die Genossen in der Seestadt, geht aber nicht ganz ohne Opfer. Uwe Papert, der stellvertretende Landesvorsitzende, muss seinen Platz räumen. Zwei Bremerhavener an der Spitze der SPD – das wäre zu viel. Papert lässt sich als Beisitzer in den Unterbezirksvorstand wählen. Ein Abstieg, sicherlich, doch er gibt sich tapfer. „Wir haben die Chance, einen Vorsitzenden aus Bremerhaven zu bekommen, da kann nicht auch noch der Stellvertreter hierher kommen.“ Der Mann hat noch einige Wahlperioden vor sich, die Partei wird noch Gelegenheit haben, sich erkenntlich zu zeigen.

Nun also Beckmeyer. Gebürtiger Bremerhavener, 56 Jahre, in jungen Jahren kurz Mathematiklehrer, seit 1970 in der SPD. Beckmeyer war in den 80er Jahren Bremer Häfen- und bis 1995 Wirtschaftssenator. Seit 2002 sitzt er für Bremerhaven und die nördlichen Teile von Bremen im Bundestag. In Bremen Stadt ist er allerdings weniger bekannt, der Verkehrsexperte ist niemand, an dem sich die Geister scheiden würden. Routiniert hat er zuletzt durch seine Proteste gegen die EU-Hafenrichtlinie „Port-Package-II“ auf sich aufmerksam gemacht. Allerdings hätte ein Versäumnis in dieser Frage wohl auch das Ende seiner Karriere in der Hafenstadt mit Rekordarbeitslosigkeit bedeutet. Als wichtigstes Verdienst für Bremerhaven gilt sein Engagement für die Finanzierung der Troglösung Cherbourger Straße.

Auf dem Parteitag pendelt er ständig zwischen Podium und den Delegierten hin und her, meldet sich zu Themen zu Wort, die wohl signalisieren sollen, das er, der große Politiker aus Berlin, sich auch für die allerkleinsten Probleme nicht zu schade ist.

Direkt unruhig wirkt er nicht, niemand rechnet ernsthaft mit vielen Gegenstimmen. Dennoch die Goodwill-Tour: Grüße, Händeschütteln, kurze Randgespräche – wie man das eben so tut bei solchen Gelegenheiten.

Dann ist es soweit, die Abstimmung steht an. Irgendjemand verlangt eine persönliche Vorstellung, die Delegierten stöhnen. Der Zeitplan wird deutlich überzogen, viele wollen fertig werden, kennen tun ihn ohnehin alle. Zudem ist klar: Die Sache ist in trockenen Tüchern, was Beckmeyer sagt, ist eigentlich unerheblich. Und irgendwie klingen seine Sätze dann auch so: „Ich will das machen“, „mit Euch, mit der Stadt“, „mit den jungen, mit den Erfahrenen“, „zusammen ein gutes Ergebnis bei den nächsten Wahlen“. Undsoweiter.

Am Ende versucht er einen Witz: „Ach ja: Mein Name ist Uwe Beckmeyer.“ Der Witz kommt an, der Saal tobt. 107 von 107 Stimmen. Ein Heimspiel eben.

Christian Jakob