Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„… And the Pursuit of Happiness“ (OF) 13./14. 3. im Arsenal

Moshe ist der geborene Verlierer: ein hypochondrisches Muttersöhnchen, das offenbar in der Bäckerei seiner Eltern in Haifa beschäftigt ist; tatsächlich arbeiten sieht man ihn allerdings nie. Er hat eine Frau und eine Geliebte, jedoch keine Kinder: wegen der schlechten Zeiten. Moshes bester Freund Jule ist im An- und Verkauf tätig und hat nebenbei ein Verhältnis mit Moshes Frau und seiner Geliebten. Gelegentlich muss er zur Reservistenübung der Armee, dann schimpft er auf das Scheißland Israel, will weg und bleibt dann doch. Und dann gibt es noch Mimi, die den ganzen Tag vor Bildschirmen mit den Bildern von Überwachungskameras sitzt: Sie sieht alles, interessiert sich aber für nichts. So lassen sich in Amos Gitais „Yom Yom“ (1998) die Personen, die der Regisseur in ruhigen Kamerafahrten verfolgt und mit langen Einstellungen auf ihre Gesichter porträtiert, einfach von Tag zu Tag treiben. Die Schauspielerin Hanna Maron erzählte in einem Gespräch, dass die Menschen in Israel vor allem eine Mentalität des Durchwurstelns entwickelt haben: Man nimmt die Drohung, dass jeden Moment etwas Schreckliches passieren könne, zwar wahr, tut jedoch so, als sei nichts. Folglich wird die Tagespolitik in „Yom Yom“ konsequent ausgeblendet: Kommt einmal eine Nachricht im Radio, wird es immer ganz schnell abgestellt. Und der Satz, den man im Film wohl am häufigsten hört, lautet: „Nichts los.“ Eine ebenso absurde wie pessimistische Zustandsbeschreibung der israelischen Gesellschaft.

„The Straight Story“ (OmU) 13. 3. im Filmkunsthaus Babylon

Die Kamera ist ganz verliebt in die endlosen goldenen Felder, auf denen eine Erntemaschine einsam ihre Runden dreht: Man befindet sich in Iowa, im Mittleren Westen der USA, wo die Menschen gern ein kariertes Hemd tragen, ein wenig dickköpfiger sind als anderswo und vor allem mehr Zeit haben als andere. Dementsprechend nähert sich Regisseur David Lynch in „The Straight Story“ (1999) seinen Protagonisten an: ruhig, gelassen und mit lakonischem Witz. So entwickelt sich die – auf Tatsachen beruhende – Geschichte vom 73-jährigen und schon ziemlich klapprigen Alvin Straight (Richard Farnsworth), der die 507 Kilometer bis nach Wisconsin auf dem Rasenmäher zurücklegt, um seinen Bruder zu besuchen und einen alten Streit beizulegen, zu einem freundlichen Stück Roadside-Americana, in dem nur gelegentlich gespensterhafte Erinnerungen an nationale und persönliche Traumata auftauchen. Im Grunde erobert sich hier jemand den Mythos vom alten Westen zurück: Ein Mann hat eben zu tun, was er zu tun hat.

Dem amerikanischen Traum von Immigranten ist Louis Malle in seinem Dokumentarfilm „… And the Pursuit of Happiness“ (1986) auf der Spur, für den er drei Monate lang die USA mit seiner Kamera durchquerte. Dabei filmte der französische Regisseur Erfolgsgeschichten ebenso wie in Slums hausende illegale Einwanderer, entdeckt dabei die amerikanische Massenkultur als den großen Gleichmacher und erforscht ganz unterschiedliche Strategien der verschiedenen Immigranten, ihre Identität und Kultur zu bewahren – oder auch nicht. LARS PENNING

„Yom Yom – Tag für Tag“ (OmU) 13. 3. im Arsenal