Kurs: Dänemark

Bei Springer ist nach dem Fernseh-Debakel Ruhe erste Bürgerpflicht. Das Rekordergebnis hilft dabei. „Transformationen“ künftig unerwünscht

aus Berlin STEFFEN GRIMBERG

Die frisch kopierte Rede des Vorstandsvorsitzenden war noch handwarm, als sie an die JournalistInnen verteilt wurde – dennoch ließ Springer-Chef Mathias Döpfner weite Teile des Anfangs weg. Denn der handelte vom geplatzten Traum, die ProSiebenSat.1-Sendergruppe zu übernehmen, neben dem klassischen Zeitungsgeschäft endlich auch im Fernsehen ganz vorn mitzuspielen. Doch dazu dann im gesprochenen Wort nur so viel: Der Versuch, „die Sache war es wert“, so Döpfner. Fernsehen, so viel wurde bei der gestrigen Bilanzpräsentation klar, spielt für Springer aktuell keine Rolle mehr.

Das Kartellamt und die Medienkonzentrationskontrolle hatten den Drei-Milliarden-Deal untersagt, Springer auf den Antrag, eine Ausnahmegenehmigung des Bundeswirtschaftsministers zu erhalten, verzichtet. Zu groß wären die „publizistischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken gewesen“, sagte gestern Döpfner. „Darauf wollten wir uns nicht einlassen.“ Denn schließlich habe man „viele attraktive Alternativen. Und vor allem: Dazu geht es unserem Unternehmen viel zu gut.“

Die Strategie ist klug: Der gescheiterte größte Zukauf der Verlagsgeschichte, der verpasste Aufstieg zum integrierten Medienkonzern von europäischem Format wird so beinahe zur Petitesse. Ist schon abgehakt: „Wir brauchen keine große transformierende Transaktion“, schwurbelte Döpfner. War also der ProSieben-Deal wirklich nicht mehr als „eine besondere Gelegenheit“? – „Wir brauchen hierfür keinen Ersatz“, so Döpfner.

Daran ändert auch die laufende Klage des Konzerns gegen den Kartellspruch nichts. Sie hat mit dem TV-Geschäft nichts zu tun, sondern soll klären, was Springer hierzulande überhaupt noch darf. „Wenn dieses Urteil Bestand hat, ist ein Zukauf für Axel Springer in Deutschland auf allen Geschäftsfeldern nahezu unmöglich“, klagte Döpfner. – Schuld sind wie immer die anderen.

Gegen den Markttrend

Und gut gehen tut es der Axel Springer AG tatsächlich. Sie hat 2005 mal wieder ein Rekordergebnis eingefahren: Der Umsatz im Kerngeschäft mit Zeitungen und Zeitschriften stieg um 50 Millionen auf 2,165 Milliarden Euro, der Jahresüberschuss um satte 56 Prozent auf 231 Millionen Euro. Wie schon im Vorjahr gegen den Markttrend, und wie im Vorjahr hat vor allem das gute Anzeigengeschäft bei Bild und Welt am Sonntag den Zah- len kräftig nach oben geholfen.

So bleibt Springer also weiter der „profitabelste deutsche Großverlag“ – und geht wieder zurück auf den wohlbekannten Weg: Neugründungen und Zukäufe, vor allem im Ausland und natürlich nicht nur, aber vor allem in Osteuropa. Weiterhin geplant, aber noch nicht fertig, sind die schon 2004 angekündigte Kinderzeitung, ein Zielgruppen-Blatt für ältere Semester und ein Warentest-Heft.

Wichtig werden die Investitionen ins digitale Geschäft, was bei Springer nun wieder ausschließlich Internet heißt: Die den klassischen Anzeigenrubriken entsprechenden Plattformen Autobild.de (Kfz-Markt), StepStone (Stellenmarkt) und Immonet (Immobilien) werden ausgebaut. Ganz verzückt wurde Döpfner bei den Provisionsgeschäften via bild.de: Hier vertickt Springer in der Grauzone zwischen redaktionellem Inhalt und schnöder Werbung mit wechselnden Industriepartnern so genannte Volksprodukte, von der Kaffeemaschine bis zum Kleinwagen. Das sei „zwar nicht in die DNA eines Zeitungsverlags geschrieben“, so Döpfner, „es funktioniert online aber sehr gut.“ Über ein Portal zur „Vermarktung von Unterhaltungselektronik“ werde derzeit nachgedacht. – Bis dahin bleibt es bei folgender Exklusiv-News: Noch dieses Jahr folgt die 29. internationale Ausgabe von AutoBild. In Dänemark.