Iran kommt vor den Sicherheitsrat

Erste Beratungen über das Atomprogramm Teherans bereits in der nächsten Woche. Zuvor verwirrte Debatte um „nichtexistenten“ russischen Kompromissvorschlag

BERLIN dpa/taz ■ Das iranische Atomprogramm wird im Sicherheitsrat verhandelt. Gestern überwies die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) in Wien die Angelegenheit an das UNO-Gremium, das auch Sanktionen gegen den Iran beschließen könnte. Damit hat der politische Druck vor allem der USA auf den Iran weiter zugenommen. Nach US-Angaben soll sich der Rat ab kommender Woche mit dem Thema befassen.

Auch das EU-Trio (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) hatte zuvor erklärt, es sei an der Zeit, dass der Sicherheitsrat die Autorität der IAEA bekräftige. Nach Einschätzung der drei EU-Staaten könnte es sich bei den bisherigen Informationen über das iranische Atomprogramm um „die Spitze eines Eisbergs“ handeln. Und es sei der nicht sichtbare Teil eines Eisbergs gewesen, der die „Titanic“ zum Sinken gebracht habe, hieß es in einem Entwurf der EU-Drei für die IAEA-Sitzung. „Anzeichen für eine möglicherweise militärische Dimension des iranischen Atomprogramms sind eine legitime Quelle der Beunruhigung.“

Russlands Außenminister Sergei Lawrow hatte am Dienstagabend in Washington bei einer Pressekonferenz mit seiner US-Amtskollegin Condoleezza Rice einen seit Freitag letzter Woche zirkulierenden Kompromissvorschlag Moskaus (siehe gestrige taz) als „nichtexistent“ bezeichnet. Lawrows Erklärung vorausgegangen waren intensive Gespräche mit Rice, Präsident George Bush und dessen Sicherheitsberater Stephen Hadley. Die Bush-Administration hatte den Kompromissvorschlag, der Teheran ein kleines und international streng überwachtes Forschungsprogramm zur Urananreicherung erlauben würde, als völlig inakzeptabel verworfen.

IAEA-Direktor Mohammed al-Baradei hatte die Initiative Moskaus begrüßt. Auch die Bundesregierung hatte vorsichtige Unterstützung signalisiert. Am Rande der Wiener IAEA-Tagung wurden gestern zwei mögliche Erklärungen für die widersprüchlichen Signale aus Moskau gehandelt: Entweder war der immerhin von Moskaus Chefunterhändler Sergei Kisliak präsentierte Kompromissvorschlag ein mit dem Einverständnis von Lawrow und Präsident Wladimir Putin gestarteter Versuchsballon, der nach der Ablehnung aus Washington zurückgezogen wurde. Oder eine Fraktion des russischen Außenministers hatte den Vorschlag auf eigene Faust und ohne Absegnung der politischen Führung in die Vermittlungsgespräche eingebracht.

Der Iran hat gedroht, seine Ölexporte als Druckmittel im Konflikt um sein Atomprogramm einzusetzen. Wenn die internationale Gemeinschaft ihren Druck in dem Streit erhöhe, müsse das Land seine Ölexportpolitik überprüfen, sagte der Vizechef des Obersten Nationalen Sicherheitsrats Irans, Dschawad Waidi. Auf die Frage, ob der Iran seinen Ölreichtum als Waffe nutzen werde, sagte er: „Jetzt nicht, aber wenn sich die Situation ändert, werden wir unsere Politik überdenken müssen.“

ANDREAS ZUMACH