Katholiken kämpfen für das Kopftuch

Muslime kritisieren das geplante Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen, durch das sie sich ausgegrenzt sehen. Die katholische Kirche fürchtet, dass im zweiten Schritt auch christliche Symbole aus dem Unterricht verbannt werden

DÜSSELDORF taz ■ Die katholische Kirche bangt um ihren Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen: „Unsere Sorge besteht darin, dass in Zukunft die Schule zum religionsfreien Raum werden könnte“, sagte Prälat Dr. Karl-Heinz Vogt gestern bei einer Anhörung des Landtages. Er fürchtet, dass das geplante Gesetz zum Kopftuch-Verbot vor Gericht scheitert und als Folge die Symbole aller Religionen in Schulen verboten sind.

Die Landesregierung plant ein Berufsverbot für muslimische, Kopftuch tragende Lehrerinnen und unterscheidet dabei scharf zwischen muslimischen und christlichen Symbolen. Als Begründung heißt es, das Kopftuch könne den Eindruck hervorrufen, eine Lehrerin trete gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung auf. Christliche Symbole wie die Nonnentracht oder ein Kreuz seien dagegen eine Darstellung abendländischer Kulturwerte.

Ob es dem Staat zusteht, die Symbole verschiedener Religionen unterschiedlich zu bewerten, war unter den Verfassungsrechtlern auf der Anhörung umstritten. Ferdinand Kirchhoff, Jura-Professor an der Universität Tübingen, sah darin kein Problem. Professorin Ute Sacksofsky von der Universität Tübingen wies dagegen darauf hin, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Kopftuch-Verbot in Baden-Württemberg ausdrücklich die „strikte Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen“ fordert.

Neben dieser juristischen Debatte ging es im Landtag vor allem um die Folgen eines möglichen Verbotes für die betroffenen Lehrerinnen und die Integration der Muslime insgesamt. „Ich bin eine Bereicherung für unsere Schule“, sagte selbstbewusst Brigitte Weiß, die ehemalige Lehrerin für evangelische Religion, die vor zehn Jahren zum Islam konvertierte und seither an ihrer Hauptschule im Kopftuch unterrichtet. In ihren Klassen habe kein einziges Mädchen zusätzlich damit begonnen, ihrem Vorbild nachzueifern und ein Kopftuch zu tragen. Die Jungs seien weniger rüpelhaft geworden. „Wo sollen wir Frauen mit Kopftuch denn hin?“, fragte sie.

Ayten Kilicarslan vom muslimischen Frauenbildungswerk Köln fühlte sich als Objekt einer fremdbestimmten Debatte: „Für einige Muslime bin ich eine Emanze. Für einige Deutsche bin ich eine Fundamentalistin. Aber ich bin weder das eine, noch das andere. Ich bin ich!“ Sie müsse sich ständig rechtfertigen und erklären, dass sie Gewalt ablehne. Der Dialog miteinander komme nicht in Gang, wenn die Debatte von Vorurteilen geprägt sei. Das Gesetz würde diese Vorurteile noch verstärken.

Das unterstrich auch Muhammad Kalisch vom Zentrum für religiöse Studien in Münster: „Dieses Gesetz ist eine Kränkung für Muslime.“ Wer ein Kopftuch trage oder wer den Ramadan einhalte, dem gehe es nicht um eine politische Demonstration, sondern der befolge ein religiöses Gebot. Bei der Trennung von Staat und Religion gebe es keinen Mittelweg: „Ganz oder gar nicht! Es darf keine unterschiedliche Bewertung unterschiedlicher Religionen geben.“ Es sei eine „Anmaßung des Staates“, ein Werturteil zu Lasten des Islam abzugeben. Etliche Kopftuch tragende Muslima seien „viel emanzipierter als manche biedere deutsche Hausfrau.“

Die Landesregierung verteidigte ihren Gesetzentwurf. „Es geht um die ausdrücklich in der Verfassung niedergelegte Wahrung der christlichen Bildungs- und Kulturwerte unseres Landes“, hieß es in der Stellungnahme von Thomas Kufen, dem Integrationsbeauftragten der Landesregierung.

SEBASTIAN HEISER