KATRIN GÄNSLER ÜBER DIE AM ENDE DOCH VERPATZTEN WAHLEN IN MALI
: Dummheit und Kalkül

Keine Anschläge, eine passable Organisation und traumhafte Wahlbeteiligung. In diesen höchsten Tönen ist die Präsidentschaftswahl gelobt worden. Sicherlich zu Recht, denn Mali hat weit mehr als das Klassenziel erreicht, den bekannten Problemen von minimaler Wahlbeteilung in den Flüchtlingscamps und vielen potenziellen Wählern, die sich nicht registrieren konnten, zum Trotz. Die Wahl war ein Erfolg.

Doch dieses Bild hat nun erhebliche Kratzer bekommen dank Oberst Moussa Sinko Coulibaly, Minister für territoriale Angelegenheiten. Mehr als eindeutige „Tendenzen“ hat er nicht bekannt gegeben, vor allem keine einzige Zahl genannt, die diese Tendenzen untermauern könnte. Stattdessen hat ein Minister einer nicht gewählten Regierung Ibrahim Boubacar Keïta quasi schon jetzt zum neuen Präsidenten ernannt. Und selbstverständlich läuft jetzt das gegnerische Lager Sturm und wird alle Zahlen – wenn sie dann endlich bekannt gegeben werden – mit großem Misstrauen begutachten.

Im besten Fall ist diese Vorgehensweise dumm und unüberlegt gewesen. Jedem hätte klar sein müssen, wie sensibel das Ergebnis der ersten Wahl nach dem Staatsstreich wahrgenommen werden wird und wie schnell Glaubwürdigkeit und Transparenz dahin sein können.

Aber es könnte auch weit mehr Kalkül dahinterstecken. Denn große Teile der Armee haben Ibrahim Boubacar Keïta unterstützt. Nun wird das Wahlergebnis ausgerechnet von einem Oberst verkündet und nicht wie meist üblich von einer Wahlkommission. Das kann ein eindeutiges Signal sein: Putsch und Übergangsphase sind zwar vorbei, doch das Militär hat weiterhin großen Einfluss auf die politischen Geschehnisse. Für den Neubeginn der Demokratie ist das kein gutes Zeichen.

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