Stalking und häusliche Gewalt

Die Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ zieht Bilanz: Über 1.200 Gewaltopfer in Hamburg betreut, Zunahme von Stalking-Fällen. Staatliche Unterstützung bleibt aus

Exakt 1.232 Hamburger Opfer von Gewalttaten hat der „Weiße Ring“ 2005 betreut – rund 200 mehr als noch im Jahr zuvor. Trotz dieses Zuwachses: Nur ein kleiner Teil der statistisch erfassten 9.100 Opfer verschiedener Gewaltverbrechen fand im vergangenen Jahr den Weg zum Büro der Organisation am Winterhuder Weg 31. „Unsere Existenz ist vielen Geschädigten genauso wenig bekannt, wie die Tatsache, dass sie Entschädigungsansprüche nach dem Opferschutzgesetz haben“, weiß der Hamburger Landesbeauftragte des Vereins, Wolfgang Sielaff.

Nebendem mangelnden Bekanntheitsgrad ist vor allem die finanzielle Situation ein Problem für die Opferschützer. Da sich der Weiße Ring ausschließlich aus Spenden, Nachlässen und Bußgeldern finanziert, sind seine Mittel begrenzt. Neben der zeitintensiven, ehrenamtlichen Betreung stellte die Organisation aber allein im vergangenen Jahr 420.000 Euro für in Hamburg in Not geratene Opfer zur Verfügung. Sielaff regte gestern an, „mindestens fünf Prozent aller von den Gerichten verhängten Geldstrafen nicht in städtischen Haushaltslöchern versickern, sondern sie gezielt den Opfern von Straftaten zukommen zu lassen“.

Bei den vom Weißen Ring betreuten Geschädigten handelt es sich zu drei Viertel um Frauen, meist Opfer männlicher Gewalt. Körperverletzung (48,8 Prozent), Sexualdelikte (15,0) sowie Diebstahl und Einbruch (10,2) sind dabei die häufigsten Straftaten. Dabei spielen häusliche Gewalt von Männern gegenüber ihren Partnerinnen und „Stalking“, das gezielte Nachstellen, eine immer größere Rolle.

Hingen 2004 nur knapp ein Viertel der von der Organisation erfassten Körperverletzungen mit einem dieser beiden Phänomene zusammen, waren es im vergangenen Jahr fast die Hälfte. Bei den Stalkern handelt es sich dabei meist um Männer, die ein Beziehungsende nicht akzeptieren, und ihre Ex-Partnerin nun weiter verfolgen und bedrängen. Sielaff forderte deshalb, Stalking müsse „endlich zum Straftatbestand erhoben werden“. MARCO CARINI

Weißer Ring e. V., Büro Hamburg, ☎ 251 76 80, Spendenkonto 34 34 34, Deutsche Bank Mainz, BLZ: 550 700 00), Hotline ☎ 01803/34 34 34