kurzkritik: neo-chansons im güterbahnhof
: Diskrete Sangeskunst

Im kalten Rauch gauloisesierter Historienpflege verlosch die rotweindunkle Glorie der Pariser Chansonniers, die nicht singen können, dieses aber auf eigenwillig pathetische Weise. Derweil kommt in der französischen Provinz das popmusikalisch aus der Kunstlied-Tradition befreite Chanson zu neuem Ruhm: mit abgespeckten Arrangements und diskreter Sangeskunst. Her mit der Nouvelle Scène Française. Her mit den niedlichen Franzosen. Mathieu Boogaerts.

Barfuß gen Himmel äugelnd steht der Krauskopf im Güterbahnhof mit zurückhaltend theatralisierter Mimik und der stillen Eleganz clownesker Gesten, die wohlig warme Stimme zauberhaft runtergedimmt zu einem spontan vor sich hin träumenden Plaudergesang. Der Klang der Silben schmiegt sich an eine innere Singsang-Melodie, aller Sinn wird mit Lautmalerei, alle Dramatik mit Beiläufigkeit unterlaufen, ein global inspiriertes Rhythmusnetz nur gitarrezupfend angedeutet. Chanson nouveau, einzigartig. Her mit den niedlichen Französinnen. Françoiz Breut. Brombeeräugig erhebt sie mit damenhaftem Lausemädchen-Charme ihre volle, nobel verschattete Melancholie-Stimme, unnahbar emotionstief und doch voller Leichtigkeit – unaufdringlich und dabei faszinierend präsent in den rustikal verkanteten, dezent wattierten Country-/Folk-/Blues-Rockballaden. Chanson américain, einzigartig. fis