Experten uneins über Vorwürfe an Lammert

PLAGIATSVERDACHT Während die Universität Bochum die Vorwürfe an Bundestagspräsident Lammert prüft, streiten Wissenschaftler: Manche nehmen Lammert in Schutz – andere fordern seinen Rücktritt

BERLIN dpa | Nachdem Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Plagiat vorgeworfen worden ist, streiten Wissenschaftler über dessen Schwere. Lammert erhielt Unterstützung von Politologen, bei denen er in seiner Arbeit angeblich abgekupfert hat. Andere Wissenschaftler sprachen dagegen von eindeutigen Beweisen gegen den CDU-Politiker. Die Ruhr-Universität Bochum will die Vorwürfe, die ein anonymer Netzaktivist erhoben hatte, zügig prüfen.

Lammert hatte seine Dissertation 1974 in Bochum eingereicht, 1975 promovierte er. Der im Internet veröffentlichten Aufstellung zufolge soll sich Lammert unter anderem bei dem Politikwissenschaftler Wolfgang Jäger bedient und aus dessen Buch zitiert haben, dessen Titel es aber gar nicht gibt. Der Politologe Jäger kritisierte nun den anonymen Urheber der Vorwürfe. „Der hat nicht seriös gearbeitet“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der Vorwurf, ein Phantombuch angegeben zu haben, sei unbegründet. Er selbst habe damals den Titel fehlerhaft wiedergegeben, das Buch existiere jedoch. Auch der Politologe Hans-Otto Mühleisen, der in Lammerts Arbeit als Quelle auftaucht, stellte sich hinter Lammert: „Ich kann bisher nichts erkennen, was auf ein Plagiat schließen lässt.“

Für den österreichischen Plagiatsexperten Stefan Weber ist bei der Doktorarbeit dagegen eindeutig wissenschaftliches Fehlverhalten feststellbar. „Das ist ein Plagiat“, sagte Weber, der bereits mehrfach bei Gerichtsverfahren um Doktorarbeiten als Sachverständiger auftrat, der Nachrichtenagentur dpa. Wenn man sich „Wort für Wort“ mit dem Text beschäftige, sei klar ersichtlich, dass die „Bagatellgrenze“ deutlich überschritten wurde. Nun sei die Ruhr-Universität Bochum am Zug: „Wenn die Wahrheit gewinnt, wird das mit dem Entzug des Doktortitels und dem Rücktritt enden“, sagte Weber.