Jukebox

Der Folk, jetzt endlich auch mit Antiblockiersystem

Let’s sing another song, boys, this one has grown old and bitter.

Aber ach: The song remains the same.

Als Bob Dylan dann zur elektrischen Gitarre griff, schrie es ihm entgegen. Ein Judas sei er. Nach Judas Ischariot, der nach der biblischen Überlieferung Jesus verraten haben soll. Judas, der Verräter. Und vielleicht auch Judas, der sich zu diesem Verrat dadurch getrieben sah, weil er in seinem Heiland den erhofften Befreier und Kämpfer gesehen hatte, der die Römer (den US-Imperialismus, den Kapitalismus, die böse Welt) vertreiben sollte. Stattdessen verkündete dieser Jesus ein fernes Gottesreich. Jedenfalls hat Dylan auch Pete Seeger schwer enttäuscht, das gute Gewissen der Folkszene. Alle Hoffnung hat der auf Dylan gesetzt, der doch zuerst auf dem Woody-Guthrie-Ticket unterwegs war und die schönste Hoffnung von Folk. Und dann wollte dieser Dylan gar nicht die Welt retten, sondern auch nur in die Hitparade und einfach zu dem Bob Dylan werden, zu dem er dann auch geworden ist.

Eine Platte, die man von Pete Seeger braucht: „Goofing-Off Suite“ (Folkways, 1955). Blues, Bach, Beethoven und Woody Guthrie, mit Banjo gespielt.

And the times they are a-changin’. Zwischenschritt: No more heroes anymore. Antifolk ist ein Musikgenre, in dem vom Punk geprägte Musiker den US-amerikanischen Folk aufgreifen und ihn auf ihre Weise interpretieren. Dabei werden aggressive, raue und vor allem auch oft (jedoch nie direkt) politisch gefärbte Texte des Punk mit akustischer Folkmusik kombiniert. (Quelle: Wikipedia)

Antifolk ist ein gesellschaftlicher Zusammenhang. Eine Szene. Es gilt das Do-it-yourself-Prinzip. Es war Mitte der 80er, als im East Village in New York die Amateurmusikerszene entstand, die längst schon wieder ihre ersten Helden in die Hitparaden entlassen hat. Beck zum Beispiel, die Moldy Peaches und Adam Green. Antifolk ist ein Markenartikel. Ein Geschäft. Der Griff zur elektrischen Gitarre sowieso längst kein Tabubruch mehr.

Judas, heißt es, bereute später seine Tat. Grund der Reue war wohl nicht Liebe, sondern Verzweiflung. Er warf Gott vor, nicht gut zu sein, nicht vergeben zu wollen.

Auf den Baumwollplantagen wird nicht mehr gesungen. Die Musik spielt längst anderswo. Gibt es eigentlich noch Folk? The answer, my friend, is blowin’ in the wind. The answer is blowin’ in the wind. THOMAS MAUCH

Am Samstag stellt Martin Büsser im HAU 2, Hallesches Ufer 32, sein Buch „Antifolk“ vor, im Anschluss Konzert mit Jeffrey Lewis. 20 Uhr, 10 €