Karikaturenstreit nützt Populisten

In Dänemark und Norwegen legen die Rechtsausleger Dänische Volkspartei und Fortschrittspartei in Umfragen zu. Experten: Konsequenz der Karikaturendebatte

STOCKHOLM taz ■ Die Debatte um die dänischen Mohammed-Karikaturen scheint eine deutliche Wirkung auf die Parteienpräferenzen in der Bevölkerung zu haben. Und das nicht nur in Dänemark. Eine jetzt veröffentlichte Meinungsumfrage zeigt, dass jeder dritte Norweger für die rechtspopulistische Fortschrittspartei stimmen würde, wären am kommenden Sonntag Parlamentswahlen. Mit einem Plus von 5 Prozent wäre diese mit 31,8 Prozent sogar stärkste Partei im Land vor den traditionell führenden Sozialdemokraten. Über einen ähnlichen Popularitätszuwachs hatte sich in den letzten Wochen die Dänische Volkspartei freuen können. Sie konnte ihren Sympathieanteil um ein Drittel auf 18 Prozent steigern.

In beiden Fällen meinen Wahlforscher die Auswirkungen der Karikaturendebatte als Hauptgrund für diesen massiven Popularitätszuwachs festmachen zu können. „Bei dieser Art von Wertedebatte platzieren die Wähler ihre Präferenzen bei den Parteien, die ihren Anschauungen am genauesten entsprechen“, sagt Wahlforscher Rune Stubager von der dänischen Universität Aarhus: „Es gewinnt, wer die klarste Haltung hat und die deutlichste Botschaft präsentiert.“ Bei der Kritik an den gewaltsamen Ausschreitungen in weiten Teilen der muslimischen Welt seien das in Dänemark und Norwegen die Rechtspopulisten gewesen, die folgerichtig nun kräftig zulegten.

„Die täglichen Fernsehbilder waren ein gefundenes Fressen für diese Parteien“, stimmt der norwegische Wahlforscher Frank Aarebrot dieser Analyse zu. Der Polarisierung auf der äußerst rechten Seite des Parteienspektrums entspricht eine – wenn auch nicht so deutlich ausgeprägte – auf der linken. Die als einwandererfreundlich geltenden dänischen Parteien, die „Einheitsliste“, die Sozialisten und die Linksliberalen würden nach den aktuellen Umfragen ebenfalls zulegen und zusammen nunmehr etwa gleich viel Mandate erhalten wie die Sozialdemokraten. Ihr sind in Dänemark wie in Norwegen aufgrund einer weniger deutlichen politischen Botschaft die WählerInnen nach rechts und links davongelaufen. In Dänemark auf rekordtiefe 20 Prozent abgesackt, ist sie dort die eigentliche Verliererin des Karikaturenstreits.

Während in den skandinavischen Nachbarländern Schweden und Finnland, in denen es keine rechtspopulistischen Parlamentsparteien gibt, der Karikaturenstreit relativ unbemerkt vorübergegangen ist, dürfte in Dänemark der politische Einfluss der Dänischen Volkspartei zunehmen. Die konservativ-liberale Minderheitsregierung von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen benötigt sie sowieso als parlamentarische Stütze.

Norwegens Fortschrittspartei hilft die Karikaturendebatte, sich dauerhaft als stärkste Kraft auf dem rechten Flügel des Parteienspektrums zu etablieren. Neben der Migrantenskepsis kommt ihre Botschaft, einen höheren Teil des Ölreichtums auszugeben, bei der Wählerschaft positiv an. Sie liegt mit ihrem Stimmenanteil schon länger vor Konservativen und Christdemokraten. REINHARD WOLFF