Rendite auf Kosten der Steuerzahler

Der geplante Börsengang der Bahn birgt milliardenschwere Risiken für den Bundeshaushalt, warnt der Bundesrechnungshof. Dabei habe die Privatisierung schon bisher nicht die verfolgten Ziele erreicht. Das stärkt die Kritiker von Bahnchef Mehdorn

VON STEPHAN KOSCH

Der Bundesrechnungshof hat vor milliardenschweren Risiken bei einem Börsengang der Deutschen Bahn gewarnt. So sei bislang geplant, dass die Bahn zehn Jahre lang 2,5 Milliarden Euro Zuschüsse pro Jahr aus dem Bundeshaushalt bekommt, mit denen das Schienennetz erhalten werden soll, heißt es in einem gestern veröffentlichten Gutachten. Die Kapitalmarktfähigkeit und die Rentabilität des Unternehmens basierten also „auf einer langfristigen Zahlungsverpflichtung zu Lasten der Steuerzahler“, monieren die Finanzkontrolleure.

Das Gutachten schwächt die Position von Bahnchef Hartmut Mehdorn. Der will das Schienennetz im Konzern behalten und mit an die Börse bringen. Das ist im Bundestag allerdings umstritten. Kritiker befürchten, dass dies den Wettbewerb auf der Schiene beeinträchtigt. Außerdem sei nicht einzusehen, dass private Investoren nach einem Börsengang ihre Dividende zum Teil aus Steuermitteln finanziert bekommen, sagt zum Beispiel der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Hermann. Auch FDP-Politiker Horst Friedrich bemängelte, der geplante Weg sei „keine sinnvolle Privatisierung, sondern ein Börsengang mit Vollkaskoversicherung zu Lasten der Steuerzahler“.

Bereits die jetzt geltenden Vereinbarungen bringen der Bahn bis 2008 Vorteile in Höhe von sieben Milliarden Euro, moniert auch der Rechnungshof. Dieses Geld stehe dann dem Bundeshaushalt nicht mehr zur Verfügung. Über diese Entwicklung seien die Parlamentarier bisher noch nicht informiert worden.

Doch die obersten Finanzwächter über den Etat des Bundes werden mit ihrer Kritik noch grundsätzlicher. Die mit der Privatisierung der früheren Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn verfolgten Ziele seien bisher nicht erreicht worden, schreiben sie in dem Gutachten. Der Bundeshaushalt sei nicht entlastet worden, weil die eigentlich vorgesehene Mitfinanzierung des Schienennetzes durch die Bahn ausgeblieben sei.

Zudem sei nicht mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert worden. Im Gegenteil: Während 1995 noch 9,8 Prozent des gesamten deutschen Verkehrs über die Schienen liefen, waren es 2004 nur noch 9,6 Prozent. Lediglich im Personennahverkehr hätten die Eisenbahnen keine Marktanteile verloren. Dieser Bereich werde aber auch durch die so genannten Regionalisierungsmittel erheblich vom Bund bezuschusst. 2006 sind es 7 Milliarden Euro.

Das sei kein Argument gegen die Regionalisierungsmittel, meint der Grüne Hermann. Eine klimaschonende Verkehrspolitik sei nicht zum Nulltarif zu haben und gehe über marktwirtschaftliche Kriterien hinaus. Auch dies spreche für ein Schienennetz in staatlicher Hand.

Ob die Bahn mit oder ohne Netz an die Börse gehen wird, soll in den kommenden Monaten entschieden werden. Grundlage der Beratungen im Parlament ist ein Gutachten der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton, das verschiedene Modelle miteinander vergleicht. Doch auch darum gab es bereits Streit, da die Bahn in einer ersten Version finanzielle Details hat schwärzen lassen. Seit Mittwoch liegt den Parlamentariern nun eine weniger geschwärzte Fassung vor. Doch Hermann reicht dies nicht: „An relevante Finanzkalkulationen kommen wir immer noch nicht heran.“