WIE GEHT DIE REVOLTE GEGEN DEN ÜBERWACHUNGSSTAAT? EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT
: Solo für Held

MEIKE LAAFF

Jetzt sollen also auch die Inhalte privater Facebook-Nachrichten der NSA bekannt sein. Welche IP-Adresse welche Internetseiten ansurft. Traffic in Echtzeit erfasst werden. Bequem durchsuchbar mit der Suchmaske des Analyseprogramms XKeyscore, die alles, was uns bislang die Haare zu Berge stehen ließ – von der Speicherung von Metadaten über angezapfte Glasfaserkabel bis hin zu Mail-Inhalten – dann eben noch mal in den Schatten stellt.

Heute scheint fast alles, was unser Hirn ins Digitale verlässt, zumindest so lange zwischengespeichert zu werden, dass es in gigantischen Datenbanken auf Normabweichungen überprüft werden kann. Nach welchen Regeln? Wie man sich von einem errechneten Verdacht befreit? Alles unklar.

Zehntausend Menschen hat das Thema am vergangenen Wochenende in Deutschland auf die Straße getrieben. Hitze hin, Sommerferien her – das ist nicht gerade eine überwältigende Zahl.

In Cory Doctorows Roman „Little Brother“ genügt der Terrorverdacht gegen eine Handvoll Jugendlicher, um eine digitale Hackerrevolte anzuzetteln. Solche kollektiven Aufstände sind in Science-Fiction-Dystopien allerdings selten. Fast immer sind es Einzelne, die gegen eine beklemmende, komplett überwachte Gesellschaft aufbegehren. Der „Schockwellenreiter“ von John Brunner etwa, die Hippietruppe in der Filmtrilogie „Matrix“, der widerspenstige John in „Schöne neue Welt“, die Protagonisten in den Romanen von David Suarez bis hin zu Überwachungspopcornkino wie „Staatsfeind Nummer Eins“ – stets tritt das Individuum oder maximal ein kleiner Trupp gegen das übermächtige System an. Widerspenstige Helden wie die Figuren, zu denen Edward Snowden und Bradley Manning gerade stilisiert werden. Selbstverteidiger wie alle, die nun im Rückzug ins Kryptografische den einzigen Ausweg erkennen können wollen.

Hört man dem Science-Fiction-Autor William Gibson beim Nachdenken zu, stößt man schnell auf den Gedanken, dass all das nur scheinbar Zukunftsentwürfe sind. Tatsächlich extrapolieren sie nur, was in der Gegenwart ihrer Autoren geschieht.

Vielleicht ist das Problem der Überwachung durch die NSA für die meisten von uns einfach zu überwältigend, als dass wir uns ausdenken könnten, wie man dagegen vorgehen kann. Ähnlich wie bei der Finanzkrise. Zumal Spionage in der Intimsphäre – anders als atomare GAUs oder sexuelle Alltagsanzüglichkeiten (#Aufschrei) – auch nicht unmittelbar wehtut. Sodass jeder sich erst mal einreden kann, das alles habe nichts mit ihm zu tun.

Montag

Josef Winkler

Wortklauberei

Dienstag

Jacinta Nandi

Die gute Ausländerin

Mittwoch

Matthias Lohre

Konservativ

Donnerstag

Margarete Stokowski

Luft und Liebe

Freitag

David Denk

Fernsehen

Oder man flieht ins Zynische und verweist darauf, dass ein Idiot wäre, wer das alles nicht sowieso schon immer geahnt und digital entsprechend vorsichtig kommuniziert habe.

Es scheint, als können wir uns das erfolgreiche Aufbegehren nicht vorstellen. Erzählungen über die großen Revolutionen gegen Überwachung und Ausspähung fehlen. Und uns fällt auch nichts Besseres ein, als auf ein paar Helden und Tapfere zu vertrauen.