Einsatz von Chemiewaffen wird vor Ort untersucht

SYRIEN Einigung zwischen UNO und Regierung über drei von dreizehn möglichen Einsatzorten

Damaskus verweigert Inspektoren den Zugang zu Rebellengebieten

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Wurden im syrischen Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt? Von der Regierung? Von den Rebellen? Oder gar von beiden Konfliktparteien? Diese brisanten und seit Monaten heftig umstrittenen Fragen sollen nun erstmals vor Ort in Syrien von Chemiewaffenexperten der UNO untersucht werden.

Darauf einigte sich die Regierung von Präsident Baschar al-Assad nach monatelangen Verhandlungen mit der UN-Abrüstungsbeauftragten Angela Kane und dem schwedischen Giftgasexperten Ake Sellström. Der Schwede hatte Anfang der 1990er Jahre im UN-Auftrag die Vernichtung von chemischen Waffen im Irak überwacht. Ein erstes Inspektorenteam unter Leitung Sellströms könnte nach Angaben von UN-Diplomaten bereits in der kommenden Woche nach Syrien reisen, falls bis dahin alle noch offenen Details geklärt werden.

Die Einigung zwischen der UNO und Syrien erfolgte im Wesentlichen zu den Bedingungen der Regierung Assad. Denn die UN-Inspektoren dürfen nur drei der insgesamt dreizehn Orte untersuchen, an denen laut einem Anfang Juni veröffentlichten Bericht einer Ermittlungskommission des UN-Menschenrechtsrats in Genf seit Dezember 2012 mutmaßlich C-Waffen eingesetzt wurden. Der Bericht beruht auf Interviews mit 430 Flüchtlingen und mit medizinischem Personal sowie auf Hinweisen, Indizien und angeblichen Beweisen, die die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens, der USA und Syriens sowie syrische Rebellen der Ermittlungskommission vorgelegt hatten. Die große Mehrheit der in dem Bericht aufgeführten mutmaßlichen C-Waffeneinsätze wird den syrischen Regierungsstreitkräften zur Last gelegt.

Im April hatte die Regierung Assad ursprünglich C-Waffeninspekteure der UNO in die Kleinstadt Chan al-Assal nahe Aleppo eingeladen. Hier sollen nach Behauptung der Regierung Rebellen am 19. März mit Nervengas 26 Menschen getötet haben. Da die UNO aber auf einer Untersuchung aller 13 Orte bestand, zog Damaskus diese Einladung wieder zurück.

Inzwischen werfen die Rebellen der Regierung ebenfalls einen C-Waffeneinsatz in Chan-al-Assal vor. Nach der nun erzielten Einigung sollen die UN-Inspekteure neben Chan-al-Assal auch Untersuchungen in Atajbah nahe Damaskus sowie in der Rebellenhochburg Homs durchführen. In beiden Orten setzten die syrischen Streitkräfte nach Angaben der britischen und französischen Regierung im März beziehungsweise im Dezember Giftgas gegen Aufständische ein.

Die Nationale Koalition der syrischen Opposition forderte die UNO auf, „sämtliche Details“ der mit Damaskus erzielten Einigung zu veröffentlichen. Sie verwies darauf, dass einige der 13 Orte mutmaßlicher C-Waffeneinsätze inzwischen von der Freien Syrischen Armee kontrolliert werden. Nach Informationen der taz verweigerte die Regierung Assad bei den Verhandlungen mit der UNO strikt jeglichen Zugang von C-Waffeninspekteuren in Gebiete, die zwar völkerrechtlich weiterhin unter ihrer Hoheit stehen, zumindest derzeit aber de facto nicht von ihr kontrolliert werden. Zu den noch offenen Details der erzielten Einigung gehört die Frage, wieweit die UN-Inspekteure ohne Anwesenheit syrischer Offizieller ZeugInnen mutmaßlicher C-Waffeneinsätze befragen können.