Viel Arbeit für Senioren

EHRENAMT Bei der Initiative „Senior-Trainer“ stellen aktive Ruheständler ihr Fachwissen für soziale Projekte und Vereine zur Verfügung. Als ehrenamtliche Projektmitarbeiter helfen sie bei einer besseren Organisation und unterstützen die Öffentlichkeits- Arbeit

VON BIRK GRÜLING

Vielen älteren Menschen in Deutschland geht es blendend – zu diesem Urteil kam im letzten Jahr eine große Generationenstudie des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Gerade Menschen zwischen 65 und 85 Jahren sind sportlich aktiv, mobil, engagiert und zufrieden mit ihrem Leben. Deshalb arbeiten immer mehr SeniorInnen auch im Ruhestand weiter: Sie geben sowohl berufliche als auch persönliche Lebenserfahrung als „Senior-Trainer“ an Initiativen, Projekte und Vereine weiter.

Einer von ihnen ist Werner König, Betriebswirt im Ruhestand. Zusammen mit seiner Frau besucht er als Gasthörer Vorlesungen an der Universität Hamburg, einmal pro Woche unterrichtet er Strafgefangene in den Gefängnissen der Hansestadt, und außerdem ist er sehr aktiver Senior-Trainer. „Ich engagiere mich hier schon seit über sieben Jahren. An den Projekten reizt mich die Herausforderung und die abwechslungsreiche Arbeit“, erklärt König.

Im Gegensatz zum herkömmlichen ehrenamtlichen Engagement arbeiten die Senior-Trainer stark projektbezogen und zeitlich befristet. Viele von ihnen haben jahrelang in verantwortungsvollen Positionen in Wirtschaft und Gesellschaft gearbeitet. Die Aufgaben und Projekte der Senior-Trainer sind dabei sehr unterschiedlich, wie Sabine Huth-Sauerwein, Journalistin im Ruhestand, erzählt. Der Deutschen Hilfsgemeinschaft Hamburg half sie bei der Öffentlichkeitsarbeit für kostenlose Reisen für bedürftige Senioren, ein ehemaliger Banker schulte Verkäufer in Weltläden, und das „Wünschebaum-Projekt“ erfüllt Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen Weihnachtswünsche.

Eine Herzensangelegenheit von Werner König ist das Projekt „Schlaumäuse“. Dabei zeigt der Hamburger zusammen mit zwei Kollegen Kindern zwischen vier und sieben Jahren den Umgang mit Computern und erklärt ihnen das technische Innenleben. Mit ihrem neu erworbenen Wissen sollen die Kinder in einem zweiten Schritt mit der Lernsoftware „Schlaumäuse“ im Erwerb von Sprachkompetenzen gestärkt werden.

Neben den Senior-Trainern sind auch sozial benachteiligte Jugendliche an dem Projekt beteiligt. In einem Qualifizierungsprogramm des Jugend- und Bildungswerk der Arbeiterwohlfahrt (Awo) werden gespendete Computer für Kitas und Vorschulen von angehenden Fachinformatikern fit gemacht. „An dem Projekt sind zwei sehr wichtige Zielgruppen beteiligt, Kinder und benachteiligte Jugendliche. Mir macht die Arbeit dabei viel Freude und ich kann mich sinnvoll einbringen“, sagt Werner. Geld bekommen die Trainer für ihre Arbeit nicht, auch Arbeitsplätze werden nicht ersetzt. Gleichzeitig sind gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen Vereine und soziale Einrichtungen vermehrt auf die Unterstützung durch aktive SeniorInnen mit nötigem Know-how angewiesen.

„Viele dieser Initiativen sind bei der Umsetzung ihrer wirklich großartigen Ideen stark überlastet oder wissen nur wenig über Dinge wie Sponsoren-Akquise oder Öffentlichkeitsarbeit. An diesen Punkten unterstützen wir sie“, erklärt Huth-Sauerwein. Die Idee der Senior-Trainer geht übrigens auf „Erfahrungswissen für Initiativen“, ein ehemaliges Projekt des Bundesfamilienministeriums, zurück. Vor knapp zehn Jahren wurden die ersten Senioren für ein „nachberufliches Engagement“ geschult und Kontakte zu Initiativen und Vereinen hergestellt. Nach dem Auslaufen des Programms 2006 blieb das Seniortrainer-Modell erhalten, heute gibt es entsprechende Gruppen in fast 140 Städten und Gemeinden.

Bundesweit wurden bereits über 4.500 Menschen zum Seniortrainer ausgebildet, Tendenz steigend. Auch in Hamburg ist das Interesse seitens der aktiven Alten ungebrochen. „Wir haben bei unserer Ausbildung regelmäßig ein knappes Dutzend Teilnehmer“, sagt Huth-Sauerwein. Gleichzeitig ist auch die Nachfrage an ihrem Engagement hoch. An die knapp 90 Aktiven in Hamburg treten die Vereine und Initiativen inzwischen oft selbst heran, ihre erfolgreiche Arbeit hat sich schon weit herumgesprochen.

Doch nicht jede Anfrage wird angenommen, es gibt klare Grenzen. „Wir engagieren uns bei Projekten, die wir für notwendig und bereichernd für die Gesellschaft halten. Außerdem muss sich einer unserer Trainer kompetent genug für die Aufgabe fühlen“, erklärt Huth-Sauerwein. Absolut tabu sind kommerzielle Anfragen, so wie die einer Hamburger Drogeriekette: die wollte einen Benimmkurs für ihre Auszubildenden anbieten.

Für Interessierte, die sich zum Senior-Trainer weiterbilden wollen, findet am 16. September ein Informationsabend im Büro der Seniortrainer, Danzigerstr. 52 in 20099 Hamburg statt. ☎ 040 / 24 87 73 62, Infos unter www.seniortrainer-hamburg.de.

Weitere Senior-Trainer-Gruppen gibt es unter anderem in Lübeck, Hannover, Kiel, Flensburg, Oldenburg und in den Landkreisen Nordfriesland, Husum, Emsland oder Dithmarschen. Informationen über Ansprechpartner sind erhältlich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft SeniortrainerIn (BAGsT) und unter www.seniortrainer.net.