Klartext-Sprecherin aus Kreuzberg

MONIKA HERRMANN

Ob sie sich ihre spontane und offene Art als Bürgermeisterin auf Dauer erhalten wird?

Monika Herrmann kann Bierbikes nicht leiden: „Ich habe schon Leute von diesem Gefährt runterkotzen sehen.“ Sie zögert kurz, immerhin führen wir gerade ein Interview zu ihrem Amtsantritt. Will sie das nachher alles in der Zeitung lesen? Egal, die Grüne ätzt weiter über diese Spielart des Tourismus. „Fette, grölende Kerle, knallrot, ohne Unterhemd. Ich will das nicht sehen.“ Das sei „kompletter Scheiß“.

Seit Donnerstag ist Herrmann nicht mehr nur Jugend- und Bildungsstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg, sondern auch Bürgermeisterin des Bezirks. Und es verspricht interessant zu werden mit ihr: Sie ist schon deshalb eine ungewöhnliche Politikern, weil sie in klaren, verständlichen Sätzen spricht. Weder verfällt sie in Bürokratendeutsch, noch versteckt sie sich hinter Floskeln. Sie sichert sich nicht ab mit Vagheiten à la Merkel. Eine Aussage wie „Wir werden in großer Ernsthaftigkeit über die Beseitigung von Mängeln nachdenken“, mit der sich die Kanzlerin kürzlich zum Thema Europa äußerte und die sie in leicht abgewandelter Form eigentlich zu allem abgibt, fällt in dem Gespräch mit Herrmann nicht. Obwohl es um genug heikle Themen geht – um das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz, um Drogen, um Mieten.

Dass sie einen anderen Umgang mit der Presse pflegt, wird bei der Frage der Autorisierung deutlich. Üblicherweise geben Journalisten ihren Gesprächspartnern das Interview vor dem Abdruck zu lesen. Das ermöglicht es den Redaktionen, sprachlich und inhaltlich zuzuspitzen. Die Politiker können im Gegenzug noch einmal nachdenken, wie scharf sie etwas tatsächlich formulieren wollen.

Herrmann verzichtet darauf. Wir hätten sowieso alles auf Band und könnten es ihr im Zweifel vorhalten. „Mein Kapital ist meine Authentizität“, erklärt sie. „Was ich sage, meine ich.“

Eine erfrischende Art der Kommunikation, die man sich viel öfter wünschen würde. Die aber an die neue Bürgermeisterin hohe Anforderungen stellt. Um druckreif sprechen zu können und nicht in Fettnäpfchen zu treten, muss man klare Gedanken haben – und sie auch immer sicher formulieren können.

Ob sie sich ihre spontane und offene Art, ihre schnellen Kommentare als Bürgermeisterin erhalten wird? Das hänge auch davon ab, wie viele Shitstorms sie aushalten könne, sagt Monika Herrmann. Um dann noch einmal zu betonen, dass sie sich für ihr Amt nicht verbiegen werde: „Wenn ich das kontrollieren muss, weiß ich nicht, ob mir Politik noch Spaß macht.“

ANTJE LANG-LENDORFF