TECHNISCHE NEUERUNG IM SPREEWALD
: Arbeitsplatzvernichtung mit dem Gurkenvollernter

Der technische Fortschritt erreicht auch die letzten Winkel dieser Welt – selbst das brandenburgische Spreewaldstädtchen Golßen: Am Montag wurde im „Vaterland der sauren Gurken“ (Fontane) die erste vollmechanische Gurkenerntemaschine vorgestellt.

Bislang ist die Ernte der berühmten Spreewaldgurken ein äußerst anstrengender, langwieriger und teurer Vorgang. Mit umgebauten Traktoren, an die riesige Plattformen gehängt werden – den sogenannten Gurkenfliegern – geht es für mehrere Tage aufs Feld. Pro Flieger im Einsatz: bis zu 30 unterbezahlte ErntehelferInnen aus Osteuropa, die bäuchlings mit bloßen Händen Gurken rupfen.

Damit ist nun Schluss: Der „Gurkenvollernter“ benötigt nur drei Menschen und einen einzigen Tag, um eine durchschnittliche Ernte einzufahren. Entwickelt wurde die Maschine vom Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim. Als Vorbild diente den Ingenieuren ein Tomatenvollernter, der an die Anbaubedingungen der Einlegegurke angepasst wurde. Finanziert wurde das Projekt von Unternehmern der Region, der EU und vom Land Brandenburg. Potsdams Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) gibt sich kämpferisch angesichts von so viel technischer Innovation: „Wir sehen diese Entwicklung als richtigen Schritt auf dem Weg, weiter an Schlagkraft zu gewinnen“. Ziel sei es, so Vogelsänger, die Region als Gurkenanbauzentrum zu festigen. In diesem Jahr läuft das nicht schlecht: Für die Saison rechnen die Bauer mit bis zu 40.000 Tonnen Gurken. Bisher ist schon gut die Hälfte der Ernte geschafft.

Verlierer auf dem technologischen Siegeszug der Gurkenprovinz Spreewald sind freilich die unterbezahlten ArbeiterInnen aus Osteuropa: Der Startschuss für den Gurkenvollernter kommt zu einem Zeitpunkt, an dem bundesweit über die Einführung von Mindestlöhnen für Erntehelfer debattiert wird. GESA STEEGER