Berlin steht als Schmarotzer da

GELD Den Regierungen der Geberländer kommt die Zwischenbilanz im Finanzausgleich ganz gelegen

Für die Wahlkämpfer in Hessen und Bayern sind die Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium Wasser auf die Mühlen: Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) kann nach dem ersten Halbjahr mit einen Etatüberschuss von 730 Millionen Euro glänzen – das drittgrößte Halbzeitplus aller Länder.

Dabei ist das hoch verschuldete Land der mit Abstand größte Nutznießer des Länderfinanzausgleichs. Berlin wird nicht nur von Bayern alimentiert, sondern auch von Hessen, das – im Gegensatz zur notorisch blanken Hauptstadt – nach sechs Monaten im Minus steckt. Mit Baden-Württemberg erwirtschaftete auch das dritte große „reiche“ Geberland tiefrote Zahlen, während sechs „arme“ Nehmerländer mit Überschüssen punkten.

Für Bayern und Hessen sind die Haushaltsdaten eine weitere Bestätigung. Beide sind vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, weil sie den von ihnen bis 2019 ausgehandelten Finanzausgleich wieder kippen und die aus ihrer Sicht lästige Hauptstadtfinanzierung endlich neu regeln wollen.

3,3 Milliarden Euro flossen 2012 nach Berlin

Die Halbzeitbilanz über die Länderbudgets und den Umverteilungstopf zur Alimentierung klammer Länder kommt ihnen da gerade recht. Im Jahr 2012 etwa wurden insgesamt 8 Milliarden Euro zwischen den Ländern umverteilt, allein 3,3 Milliarden flossen nach Berlin. Bayern führte als größter Zahler 3,9 Milliarden Euro ab, wobei sich diese Summe aufgrund von Rückzahlungen wieder leicht reduziert.

Erst vor ein paar Tagen redeten sich die Finanzminister der Südländer, Markus Söder (CSU) und Thomas Schäfer (CDU), in Rage: „Ich bin echt sauer“, so Bayerns oberster Kassenwart Söder. Die Bayern würden für ihren Fleiß weiter bestraft, was ein „absolutes Unding“ sei.

„Wir Hessen zahlen Berlins Schuldenabbau“

Sein hessischer Kollege Schäfer legte nach: Der Berliner Haushalt werde mit Zahlungen anderer Länder und des Bundes aufgepäppelt, hatte aber schon 2012 mehr Einnahmen als Ausgaben. „Jetzt zahlen wir Hessen auch noch den Abbau des Berliner Schuldenberges – das ist absurd.“

Der Empörung in München und Wiesbaden dürfte eine nicht annähernd so große Freude in der Berliner Finanzverwaltung gegenüberstehen. Schließlich handelt es sich nur um eine vorläufige 6-Monats-Bilanz auf dem Papier. Vor allem aber: Die Auswirkungen der jüngsten Einwohnerzahlen des Statistischen Bundesamtes sind darin noch nicht berücksichtigt. Die fielen gerade für Berlin ernüchternd aus: Nach den neuesten Zensus-Zahlen hat das Land deutlich weniger Einwohner und bekommt daher auch deutlich weniger Geld aus dem Finanzausgleich.

Allein im laufenden Jahr muss Berlin mit 940 Millionen Euro weniger auskommen – wegen der rückwirkenden Belastung für die Jahre 2011 und 2012. Auf Dauer sind Mindereinnahmen von einer halben Milliarde Euro pro Jahr zu erwarten. Die Berliner Haushaltsplaner hoffen aber, bei weiter günstigen Steuereinnahmen und dank niedriger Zinsen bis Jahresende die zensusbedingten Mindereinnahmen fast ausgleichen zu können. ANDRÉ STAHL/DPA