LESERINNENBRIEFE
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Unheilige Fusion

■ betr.: „Der große Missbrauch fehlt noch“, taz vom 29. 7. 13

Der große Missbrauch fehlt nicht, sondern ist an der Tagesordnung. Er basiert nicht zuletzt auf einer Verquickung staatlicher Kontrolle und Privatwirtschaft. Bereits Naomi Klein zitiert Ken Minihan, den „former director of the Natonal Security Agency“: „Homeland security is too important to be left to the government“ in ihrem Buch „The Shock Doctrine“. Außerdem: „Between September 11, 2001, and 2006, the Department of Homeland Security handed out 130 billion dollars to private contractors.“

Diese unheilige Fusion hat zwei skandalöse Seiten: Unter dem Deckmantel der Terrorabwehr wird schamlos Wirtschaftsspionage betrieben und die Lebensäußerungen der Menschen werden staatlich subventioniert für Konzernzwecke gesammelt, gespeichert und ausgewertet. Gleichzeitig: Die Zahl Unschuldiger, die unter Terrorverdacht geraten sind und geraten, steigt dramatisch. Dazu muss man nicht mehr nur Mohammed heißen, was ja auch schon skandalös genug ist.

Es muss nicht erst noch was passieren, es passiert schon. Solche Vorfälle dürfen im Übrigen nicht bagatellisiert werden, nicht zuletzt, weil sie das Leben Unschuldiger oftmals dramatisch verändern. Insofern fällt der Kommentar von Christian Rath aus meiner Sicht hinter den Skandal zurück und wahrscheinlich auch hinter die Anliegen der Demonstranten.

Dass ein Herr Schily die Anliegen der Demonstranten im Grunde bagatellisiert, ist fast schon zu erwarten, nachdem ihm die wahren Intentionen der NSU bereits durch die Lappen gingen. Mit brutalen Folgen. Aber einer der profiliertesten tazler geht davon aus, „der große Missbrauch bliebe aus“? Schade!

CHRISTINE KÖHLER, Melle

Zwanghafte Abwehrhaltung

■ betr.: „Press-Schlag. Verwunschener Regenbogen“, taz v. 3. 8. 13

Dieses Foto ist nicht das einzige (bekannte) Bildnis, das Herrn Putin in derartiger Aufmachung zeigt. Es drängen sich Vergleiche zum spanischen Matador auf und dem darum herum gesponnenen Männlichkeitskult.

In solchem Zusammenhang muss man nicht unbedingt Psychologie studiert haben, um zu begreifen, dass es einer geradezu zwanghaften Abwehrhaltung bedarf, um andererseits jeglichen Verdacht auf homoerotische Komponenten abzuwehren. Und außerdem: Der Moralist gönnt anderen nicht, was ihm selbst verwehrt bleibt. So viel zu den russischen Repressionen gegen Homosexuelle.

HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

Unzulängliche Arbeitsweise

■ betr.: „Eltern ziehen Kitaplatz vor“, taz vom 31. 7. 13

Ups, da haben wir mal wieder ein Gesetz beschlossen, ohne uns die Details im Text genauer anzuschauen. Danke für einen weiteren Beweis der unzulänglichen Arbeitsweise der Regierungsparteien bei Beschlussfassungen.

Frau Schröder hat sicher kein Problem, die Betreuung ihrer Tochter zu regeln – eine teure Tagesmutter oder die Kita für Abgeordnete ist eine feine Sache. Nur leider sind nicht alle Eltern so privilegiert. Als alleinerziehende Mutter einer einjährigen, entwicklungsverzögerten Tochter bin ich nunmehr seit vier Monaten auf der Suche nach einem Krippenplatz für Sommer 2014! Bisher konnte ich noch keine Kita finden, die bereit wäre, meine Tochter aufzunehmen beziehungsweise die mir bei Anmeldung irgendwelche Hoffnungen auf einen Betreuungsplatz im kommenden Jahr gemacht hätte. Das Jugendamt lässt wissen, dass zunächst der Rechtsanspruch aller Ein- und Zweijährigen abgedeckt werden soll, bevor über den Ausbau integrativer Gruppen nachgedacht wird.

So bleibt mir die Ausweichmöglichkeit auf eine private Betreuung. Eigentlich zu teuer, zumal eine Vollzeitstelle aufgrund häufiger Therapie- und Arztbesuche nicht in Betracht kommt. Da wäre das Betreuungsgeld tatsächlich eine finanzielle Entlastung.

Ich werde im nächsten Jahr meine einjährige Tochter rund um die Uhr allein zu Hause betreuen – sie ist zwei Tage vor dem „Stichtag“ geboren. Ein Stichtag, dessen Sinn sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht erschlossen hat.

Wieder einmal zeigt Frau Schröder mit ihren Aussagen und Ideen, wie weit sie von der Lebenswirklichkeit entfernt ist. Gern sieht sie sich als Vorbild. Dazu würde jedoch auch gehören, unterlaufene Fehler einzugestehen. Kein Betreuungsgeld, kein Kitaplatz und die Erkenntnis, dass die Arbeitsweise und das Selbstverständnis mancher PolitikerInnen zu wünschen übrig lassen, ist, was bleibt.

BETTINA WEBER, Bad Kreuznach

Stromanschluss vergeigt

■ betr.: „Riffgat ohne Stromanschluss“, taz vom 5. 8. 13

Ökostrom vom Windpark Riffgat. Das wäre schön, wenn der Netzbetreiber Tennet nicht dank seiner Planungsfehler den Stromanschluss vergeigt hätte. Oder sind Munitionsreste und starke Strömungen in der Nordsee völlig neue Erkenntnisse?

Mein Vorschlag: Die entstehenden Mehrkosten werden den Planungspappnasen von Tennet persönlich in Rechnung gestellt. Dann wird aus ökologischer auch ökonomische Energie.

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen