AMERICAN PIE

Weil Basketballfans im März verrückt spielen, entsteht der US-Wirtschaft ein Milliardenschaden

Fäuste auf Tischplatten

March Madness, das Finalturnier des College-Basketballs, spielt sich nicht nur auf dem Parkett der großen Mehrzweckhallen quer durch die USA ab – der jährlich stattfindende März-Wahnsinn macht auch vor den amerikanischen Büros nicht Halt: die mit Papp-Stehwänden dekorierten Großraumbüros verwandeln sich dann für drei Wochen in wahre Glücksspielzentralen: es wird gewettet wie verrückt. Ob Basketball Fan oder nicht, jeder gibt Spiel-Tipps ab. Ab und zu hört man dann neben den üblichen Bürogeräuschen Aufschreie der Freude, ein lautes „Yes!“ aus dem Nichts – oder aber das Zerspringen von Kaffeetassen, das Geräusch, wenn eine geballte Faust auf die Tischplatte haut.

Nicht wenige verfolgen die Spiele auf dem Bildschirm mit sehr viel Emotionen, anstatt ihre Arbeit zu erledigen. Dass das auch Auswirkungen auf die Produktivität amerikanischer Firmen haben könnte, davon geht die Consulting-Firma Challenger, Gray & Christmas aus. Seit Jahren legen sie Berichte vor, in denen die Auswirkungen des Basketball-Turniers in Zahlen dargelegt werden. In diesem Jahr gehen sie davon aus, dass allein durch die erste Woche der March Madness, in dem besonders viele Spiele während der Arbeitszeit ausgetragen wurden, die US-Wirtschaft mindestens 1,8 Milliarden Dollar verloren habe.

Nun könnte man aus der Boss-Perspektive gedacht dieses Turnier mit guten Gründen verteufeln, jedoch – und auch das wird in dem Bericht hervorgehoben – bringe dieses Turnier trotz der verplemperten Arbeitszeit sehr viel für den Zusammenhalt innerhalb einer Firma. Das muss man sich so vorstellen: Auf einmal unterhalten sich beim obligatorischen Firmen-Wasserautomaten Kollegen miteinander, die sich vorher gegenseitig das Leben schwer gemacht haben. Und: Diejenigen, die wirklich gar nichts für diesen Sportwahn übrig haben – und davon gibt es wohl in Amerika nicht sehr viele –, erledigen ihre Arbeit ordnungsgemäß, arbeiten ein wenig mehr, um sich an einem anderen Zeitpunkt im Jahr zurücklehnen zu können. Dann übernehmen die März-Wahnsinnigen wieder mehr Arbeit – das nennt man dann Teamwork.

Auch in diesem Jahr gab es in den Büros quer durch Amerika schon viele Aufschreie und kaputte Kaffeetassen – davon kann man ausgehen. Denn es kam zu einigen Ergebnissen, die einige so nicht auf dem Schirm hatten. Im Osten hat sich die an Nummer zwölf gesetzte Cornell University gegen die an Nummer vier gesetzte University of Wisconsin durchgesetzt. Eine weitere Überraschung gab es im Osten: Dort ist das an Nummer zwei gesetzte Team Villanova gegen die an Nummer zehn gesetzte St. Mary’s University ausgeschieden. Der große Favorit aus dem Westen, die an Platz eins gesetzte Universität aus Kansas verlor – ebenfalls in der zweiten Runde – gegen die an Nummer neun platzierte University of Northern Iowa.

Viele hatten in diesem Jahr mit guten Argumenten auf das starke Team aus Kansas gesetzt, sogar die wichtigste Person Amerikas: der basketballverliebte Präsident Obama hat zu Beginn des Turniers sein persönliches „Bracket“ ausgefüllt. Als Meisterschaftskandidaten hat er Kansas auf dem Zettel eingetragen. Im letzten Jahr noch lag er mit seinen Meistertipp North Carolina goldrichtig.

In den Büros dürfte ab morgen wieder das March-Madness-Fieber grassieren, dann geht es in die dritte Runde. 16 Teams sind noch übrig. Und wenn der Boss auf „cool“ macht, schlägt er seiner Belegschaft vor, dass seine Arbeiter in T-Shirts ihrer favorisierenden College-Teams zur Arbeit gehen dürfen.

ALEKSANDAR ZIVANOVIC