Rüttgers‘ Reformruine

Die Reform des Föderalismus geht für NRW nach hinten los: Jetzt droht ein Baustopp für die baufälligen Hochschulen des Landes. Opposition fordert ein Sonderprogramm Hochschulbau

VON ANDREAS WYPUTTA

Im Düsseldorfer Landtag wächst die Sorge um den Universitätsstandort NRW. CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers habe bei den Verhandlungen zur Föderalismusreform die Fragen der Hochschulfinanzierung vernachlässigt, klagen Oppositionspolitiker von SPD und Grünen. Ruth Seidl, Hochschulexpertin der Grünen, fordert deshalb gegenüber der taz ein „Sonderprogramm Hochschulbau“ vom Bund.

„Nordrhein-Westfalen hat die meisten Studierenden in ganz Deutschland, aber mit die schlechtesten Karten beim Hochschulbau“, so Seidl zur Begründung. Auch NRW-Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte bereits am Freitag kritisiert, die im Rahmen der Föderalismusreform geplante Mittelverteilung sei „in der jetzigen Form nicht tragfähig“. Bezogen auf die Studierendenzahlen wird das größte Bundesland bis 2013 über 80 Millionen Euro weniger aus Berlin erhalten als angemessen, liegt damit um 11,6 Prozent unter dem Durchschnitt aller Bundesländer. Massiv bevorzugt werden dagegen die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg: So fließen allein nach München über 37 Millionen Euro mehr als bei einer gerechten Verteilung begründbar. Rüttgers habe „ein außerordentlich wichtiges Zukunftspotenzial einfach verschleudert“, kritisiert die Grüne Seidl.

Kopfschütteln herrscht auch bei der SPD. Gerade FDP-Landesforschungsminister Pinkwart könne sich nicht einerseits für die Föderalismusreform stark machen, gleichzeitig aber den Sanierungsstau im Hochschulbau beklagen und Nachbesserungen fordern. „Pinkwart muss sich an seinen eigenen Chef wenden“, sagt Karl Schultheis, hochschulpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Düsseldorfer Landtag – schließlich habe NRW-Regierungschef Rüttgers der Schieflage bei den Hochschulfinanzierungsmitteln als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz selbst zugestimmt. Nötig sei jetzt eine stärkere Unterstützung der Universitäten durch das Land selbst, so Schultheis zur taz: „Pinkwart darf sich nicht nur beschweren, sondern muss selbst die Mittel für den Hochschulbau aufstocken.“

Denn für viele in den sechziger und siebziger Jahren gebaute, mittlerweile marode nordrhein-westfälischen Universitätsgebäude fehlt das Geld selbst für dringendste Sanierungsarbeiten. So steckt etwa die Bochumer Ruhr-Universität mitten im Renovierungsstau: „Der komplette Campus muss saniert werden“, sagt Kanzler Gerhard Möller. Dabei dürfte allein die auf zehn bis 15 Jahre ausgelegte Sanierung der Ruhr-Universität, die auch von den zuständigen Landesministerien unterstützt wird, 60 bis 80 Millionen Euro kosten. Die Finanzierung aber ist zumindest bisher völlig unklar. „Eine Katastrophe“ sei die Benachteiligung Nordrhein-Westfalens beim Hochschulbau deshalb, klagt der Kanzler der Ruhr-Universität. Die erhöhten Zuschüsse in Richtung Bayern und Baden-Württemberg seien „sachlich nicht nachvollziehbar“ und „ungerecht“, ärgert sich Möller. Sein Rat an Regierungschef Rüttgers: „Da muss dringend nachgebessert werden.“

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