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THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Sucht das Theater, wo immer es sich in diesen Tagen versteckt, muss man zur Zeit ja sagen, weil sich das Theater in der Sommerzeit aus den angestammten Häusern und Spielstätten ins Freie oder wer weiß wohin verzieht. Ins Forum Steglitz zum Beispiel, wo die Dichte der Shoppingmalls groß, die Theaterdichte hingegen verschwindend ist. In dessen Konsumwelten nämlich hat die Kompanie MS Herzschrittmacher um Martin Schiefermann die Geschichte von „Alice im Wunderland“ verlegt. Aus dem Mädchen Alice wird hier nun eine manische Shopperin, die im Kaufrausch die Orientierung verliert. „Kauf mich, Alice!“ ruft es mitten im laufenden Geschäftsbetrieb aus alles Ecken. Shops werden zu Bühnenbildern, Waren zu Requisiten und vorbeigehende Passanten ebenso ahnungslos wie unvermittelt zum Teil der Inszenierung gemacht. Im vergangenen Jahr wurde das Stück von Karstadt am Hermannplatz mitfinanziert und dort auch erstmalig aufgeführt. Nun geht es nach Steglitz zur Wiederaufnahme. (Forum Steglitz/MS Schrittmacher: „Alice im Wunderland“, 6.–10. August, jeweils 15 und 18 Uhr)

Weit weg von der Spielstätte der mitproduzierenden Schaubühne am Lehniner Platz in Charlottenburg findet die Premiere des neuen Tanztheaterabends von Constanza Macras’ „Forest: The Nature of Crisis“ statt: im Müggelwald nämlich, inmitten einigermaßen wilder Natur, um die es in diesem Stück dann auch geht. Beziehungsweise um die Ängste und Sehnsüchte, die die unheimliche Natur in uns Menschlein auszulösen versteht. Es geht aber um Mythen und Geschichten, die sich schon von jeher um den (deutschen) Wald ranken. Und natürlich ums krisengeschüttelte Heute, vor dessen Folie der Wald schließlich zu einer Kunstlandschaft werden soll, in der das Publikum auf Umweltaktivisten, Waldschützer, Ökonomen und Freaks treffen wird. (Schaubühne/Constanza Macras: „Forest: The Nature of Crisis“, Premiere am 10. 8., 19 Uhr, alle Infos, auch zur Anfahrt: www.schaubuehne.de)

Eine Wiederaufnahme ist auch der abgründige, hellsichtige und humorvolle Monolog des Dramatikers Christoph Nußbaumeder: „Meine gottverlassene Aufdringlichkeit“, den die Schauspielerin Anna Eger in den Sophiensaelen spricht und spielt. Höchst erfolgreich ist dieses Stück über das spirituell wie materiell prekäre Leben von vermeintlich Freien beziehungsweise Selbstständigen in unseren neoliberalen Zeiten seit seiner Premiere durch die Lande getourt und nun von Donnerstag bis Samstag noch einmal in Berlin zu sehen. (Sophiensaele: „Meine gottverlassene Aufdringlichkeit“, 8.–10. 8., jeweils 20 Uhr)

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