Chaos bei UNO-Menschenrechtskommission

Die diesjährige Sitzung wird unmittelbar nach Beginn wegen des Streits über neuen Menschenrechtsrat vertagt

GENF taz ■ Premiere in der UNO: Die seit 1948 existierende Menschenrechtskommission in Genf vertagte gestern ihre 62. Jahrestagung unmittelbar nach der Eröffnung um zunächst eine Woche auf kommenden Montag.

Hintergrund dieser außergewöhnlichen, von den 53 Mitgliedsstaaten im Konsens gefassten Entscheidung ist der anhaltende Widerstand der USA gegen den Resolutionsentwurf zur Schaffung eines neuen Menschenrechtsrates. Er soll die bisherige Kommission ersetzen. Die Verabschiedung dieses nach fünfmonatigen intensiven Verhandlungen am 23. Februar vorgelegten Resolutionsentwurfes durch die UNO-Generalversammlung hatte deren Präsident Jan Eiliasson wegen der Einwände der Bush-Administration am letzten Freitag bereits zum zweiten Mal kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt.

Damit war die Planung in Frage gestellt, wonach die Menschenrechtskommission nur noch eine kurze Jahrestagung zu ihrer eigenen Abwicklung durchführt und im Mai dann der neue Menschenrechtsrat seine Arbeit aufnimmt. Als einziger der 191 UNO-Mitgliedsstaaten wollen die USA bei der Abstimmung in der Generalversammlung gegen den Resolutionsentwurf stimmen, sollte diese nicht noch erheblich verändert werden. So verlangt die Bush-Administration, dass die USA und die anderen vier ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates (Russland, China, Frankreich und Großbritannien) auch dem neuen, aus 47 Staaten bestehenden Menschenrechtsrat automatisch angehören sollen.

Für die Wahl der übrigen 42 Mitglieder durch die Generalversammlung will Washington die Hürde der Zweidrittelmehrheit statt der im Resolutionsentwurf vorgesehenen absoluten Mehrheit. Schließlich fordern die USA, Staaten, gegen die es Sanktionen des Sicherheitsrates gibt, von der Kandidatur für den Menschenrechtsrat auszuschließen. Eliasson hatte angesichts der überwältigenden Zustimmung unter den 191 UNO-Staaten zu dem von ihm präsentierten Resolutionsentwurf zwar Neuverhandlungen über den Text entschieden abgelehnt.

Zugleich aber folgte er der Bitte einiger Staaten – darunter der EU-Länder – die Verabschiedung in der Generalversammlung hinauszuschieben. Diese Staaten wollen eine kontroverse Abstimmung und eine Nein-Stimme der USA unbedingt vermeiden. Wie sie aber ohne Veränderung des Resolutionstextes die USA für die Zustimmung gewinnen wollen, bleibt ein Rätsel.

ANDREAS ZUMACH