Bundeswehr statt Bundestrainer
: KOMMENTAR VON LUKAS WALLRAFF

Die Bundeswehr soll’s richten: Der Innenminister hat seine Forderungen zum Schutz vor Terror bei der WM wieder ausgekramt. Nun ist auch klar, warum Wolfgang Schäuble den viel kritisierten Jürgen Klinsmann in Schutz genommen hatte. Die häufige Abwesenheit des Bundestrainers nutzt ihm. Wenn Klinsmann nicht für Fußball wirbt, hat Schäuble noch mehr Gelegenheit, die Zeit bis zur WM mit immer neuen Schreckensszenarien und Vorschlägen für angeblich nötige Vorsorgemaßnahmen zu füllen.

Auch die sportlichen Pleiten von Klinsmanns Nationalteam kommen Schäuble zupass, ersparen sie ihm doch den Vorwurf, er vergälle den Deutschen die Vorfreude auf ein Fußballfest. Die ist ohnehin verflogen. Schäuble weckt nun die Illusion, er könne wenigstens Sicherheit garantieren – mit Videoüberwachung und Soldatenaufmarsch. Dass sein Koalitionspartner nicht ganz mitspielt, stört ihn wenig. Wenn die SPD den Bundeswehreinsatz im Inland blockiert, kann er behaupten, er habe ja alles versucht.

Noch nicht ganz klar ist allerdings, wie der Minister seine Agenda mit dem Anspruch unter einen Hut bringt, die Welt sei bei der WM „zu Gast bei Freunden“. Dazu passte nur sein treuherziges Gelöbnis zum Amtsantritt, er wolle ein Klima schaffen, in dem Fremdheit nicht mehr als Bedrohung, sondern als Bereicherung empfunden wird. Er tut bisher genau das Gegenteil. Schäubles konkrete Vorschläge bedienen Abwehrreflexe. Daran hat sich seit seiner ersten Ministerzeit in den 90er-Jahren nichts geändert. Der einzige Unterschied ist, dass restriktive Politik inzwischen unter dem Deckmäntelchen der vermeintlichen Fürsorge für Migrantinnen verkauft wird. So dient der berechtigte Wunsch, gegen Zwangsheiraten vorzugehen, als Vorwand, um ausländische Ehegatten grundsätzlich erst ab 21 Jahren ins Land zu lassen. Dem Verfassungsminister Schäuble ist egal, dass die Verfassung eine solche Familientrennung gar nicht zulässt.

Schade eigentlich, dass Klinsmanns amerikanische Frau über 21 ist. Wäre sie jünger, fiele die Absurdität von Schäubles Vorschlag noch mehr auf. Der Bundestrainer dürfte seine Frau nicht mit nach Deutschland bringen.

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